Nikolaus und Rattenkönig
Von Thomas
Monkowski.
Erster Teil –
Kapitel 1 bis 6
Zweiter Teil –
Kapitel 1 bis 12
Gewidmet
meiner Schwester Sabine sowie meinen Bruder Stefan, mit ihren Kindern.
Ouvertüre Nikolaus und Rattenkönig
Abends will
ich schlafen gehen, zwölf Engel um mich stehen.
Wenn der Tod
am Höchsten steigt, Gott der Herr uns seine Hand reicht.
Ave Maria,
gratia plena,
Dominus tecum.
Benedicta tu
mulieribus,
et benedictus
fructus ventris tui Iesus.
Stille Nacht,
heilige Nacht!
Alles schläft,
einsam wacht
Nur das
traute, hochheilige Paar.
Holder Knabe
im lockigen Haar,
Schlaf in
himmlischer Ruh,
Schlaf in
himmlischer Ruh.
Rudolf, das
kleine Rentier,
mit der roten
Nase dran,
das war ein
wenig anders als die anderen Tiere waren,
Rudolf das
Rentier mit der roten Nase,
und alle Leute
lachten:
Rudolf, sag
wie siehst du aus?
Mit dieser
Glimmernase bleibst du besser zuhaus.
Come they told
me,
Pa rum pum pum
pum,
a new born
King to see,
Pa rum pum pum
pum,
Our finest
Gift we bring,
Pa rum pum pum
pum,
Then he smiled
at me,
Pa rum pum pum
pum,
me and my
drum.
Abends will
ich schlafen gehen, zwölf Engel um mich stehen.
Wenn der Tod
am Höchsten steigt, Gott der Herr uns seine Hand reicht.
Erster Teil
1. Kapitel
Der
Weihnachtsbaum und der Besuch
Sabrina war ein schlankes Mädchen, besaß lange
braune Haare, die ihr bis zum unteren Rücken reichten, meistens trug
sie diese als Pferdeschwanz. Ihr Gesicht zierten kleine Sommersprossen,
sie hatte schöne wohlgeformte Brüste, einen sinnlichen rosa Mund und
blaue Augen, die verspielt schimmerten, sie hatte lange schlanke Beine
sowie einen kleinen wohlgeformten Hintern.
Ihr Vater, Ebedencer Seissler, war in M. ein
gefragter Unternehmer und wie sie und ihre Mutter Bayer. Sabrina zählte
25 Jahre und studierte Jura und Philosophie an der Universität der
Stadt München. Ihr Vater Ebedencer ging nicht gerade freundlich mit
seinen Angestellten um und weigerte sich, ihnen das jährliche
Weihnachtsgeld und das gemeinsame Weihnachtsessen von seinen
Unternehmen aus zu bezahlen oder ihre Löhne zu erhöhen. Sein Bruder,
Sabrinas Lieblingsonkel Adolf Spatzenberg, war 66 Jahre alt und
Mechaniker, er reparierte alles, was irgendwie kaputt war oder niemand
anderes mehr reparieren konnte. In seinem Unternehmen zahlte er den
Angestellten Weihnachtsgeld und ging mit ihnen zum Weihnachtsessen
jedes Jahr und erhöhte ihre Gehälter. Er hatte sich darauf
spezialisiert, berühmte Persönlichkeiten als 12 Inch große Figuren mit
original Kleidung aus Stoff zu produzieren, mit großem Erfolg.
Geschmückt war
der große Weihnachtsbaum im Wohnzimmer mit bunten Christbaumkugeln und
Nikolausfiguren, Lametta, Strohsternen, kleinen Holzfiguren sowie
Süßigkeiten. Zuoberst saß ein Stern, die einzelnen Äste des Baumes
trugen Kerzen. Unter dem Baum stand eine Krippe. Daneben lagen die
Weihnachtsgeschenke in ihren bunten verzierten Papieren. Neben den
Geschenken stand ein Mann aus Vinyl. Er trug eine rote Uniform aus
Stoff mit runden goldenen Knöpfen sowie schwarze Stoffhosen. Unter
seinen kräftigen Kinn saß ein weißer Bart, seine Nase war rot, unter
seinem Helm mit der roten Feder und dem goldenen Knopf in der Mitte
hatte er lange, weiße Haare. In der linken Hand hielt er einen
glitzernden Säbel. Er besaß ernste blaue Augen. Er war 12 Inch groß. Im
schwarzen Gürtel steckten zwei geladene Pistolen. Seine Schuhe, die bis
zu seinen Knie reichten, waren schwarz
und ebenfalls
aus Vinyl gemacht.
Der ist
hübsch, kam es Sabrina, als sie das große Wohnzimmer betrat. Auf dem
großen runden Tisch standen braune Kartons aus Pappe, in denen in alten
Zeitungspapieren Kugeln und Vögel aus Glas lagen. Mit beiden Händen
griff sie in den ersten Karton und hängte mit der linken Hand eine
gläserne Kugel an einen Ast der Tanne. Sabrina trug eine schwarze Hose
und einen braunen Pullover, ihre braunen Haare hatte sie zu einem
Pferdeschwanz gebunden. Sie konnte ihre blauen Augen nicht von diesem
Mann aus Vinyl nehmen. Der sieht echt stark aus, murmelte sie leise zu
sich, das ist ein tolles Geschenk, von Onkel Adolf Spatzenberg. Wieder
neigte sich das Jahr 20... dem üblichen Ende entgegen. Heute abend
kommen Onkel Adolf und seine Tochter Annika und sein Sohn Michael, für
Michael diese Zinnsoldaten, dämmerte es Sabrina. Mit Annika bin ich
immer noch besser dran, leise seufzte sie, aber Michael, der alles
kaputt machte, selbst unter dem Jahr... Sie stieß die Luft durch die
Nase aus und nahm die linke Hand vom Tannenzweig, an den sie die
Glaskugel mit den Sternen gehängt hatte. Sie sah aus dem Fenster, große
und kleine weiße Schneeflocken fielen tanzend vom Himmel, der Schnee
schimmerte im Licht der untergehenden Sonne, in der Nähe schlug die Uhr
der Kirche 17.30 Uhr. Ding, dang, deng, ding, dang, deng.
Sabrina trat
zum Fenster, in der rechten Hand hielt sie eine silberne Kugel. Auf der
Straße sah sie zwei Kinder in Pullovern, Handschuhen und Mützen singend
vorbei laufen. Eine Frau in einem Nerzmantel, eine Umwelttasche über
der rechten Schulter, mit der linken Hand einen Schäferhund an der
Leine führend, ging über den weißen verschneiten Bürgersteig. Die
Kinder gehen nach Hause, murmelte sie leise. Sie drehte sich vom
Fenster weg, lächelte ihrer Mutter zu und hing die Kugel an den Ast.
Wunderschön sieht meine Sabrina heute aus, ging es ihrer Mutter durch
den Sinn. Sabrina drehte den Kopf wieder zu dem Vinylmann, der sie
immer noch ansah. Ein gutes Geschenk für Michael, war ihr anderer
Gedanke. Deutlich hörte sie ihre Mutter sagen: „Hoffentlich bleibt
Onkel Spatzenberg nicht so lange bei uns, wegen Michael und deinem
Vater.“ Sabrina sah ihre Mutter an, ich weiß, Vater und Onkel sind
immer unterschiedlicher Meinung, schoss es ihr durch den Kopf, Vater
war der unmenschliche, Onkel der menschliche Unternehmer. Sie runzelte
die Stirn, seit Jahren war es immer dieselbe Diskussion an Weihnachten.
Sie stieß wieder die Luft durch die Nase und entspannte die Stirn:
„Keine Sorge, Mama,“ erwiderte sie. Diesmal werde ich es nicht wieder
drauf ankommen lassen, stieg es in ihr auf, ehe sie fort fuhr: „Vater
muss net glei auf dieses Thema zu sprechen kommen. Mich interessiert,
wie es übrigens Annika so geht.“ Aus dem laufenden CD- Spieler hörten
sie die glasklare Stimme von Peter Hofmann singen:
Stille Nacht,
heilige Nacht!
Alles schläft,
einsam wacht
Nur das
traute, hochheilige Paar.
Holder Knabe
im lockigen Haar,
Schlaf in
himmlischer Ruh,
Schlaf in
himmlischer Ruh.
Stille Nacht,
heilige Nacht!
Gottes Sohn, o
wie lacht
Lieb aus
deinem göttlichen Mund,
Da uns schlägt
die rettende Stund,
Christ, in
deiner Geburt,
Christ, in
deiner Geburt.
Das Handy in
der linken Hand am Ohr, trat ihr Vater in das Wohnzimmer. Er war
schlank, grauhaarig und besaß eine etwas spitze Nase sowie ernste blaue
Augen. Er trug einen schwarzen Anzug, darunter ein weißes Hemd und
schwarze Schuhe. Dieser verdammte kleine Angestellte, murmelte er immer
wieder leise zu sich, er kann es einfach nicht lassen, mich zu nerven!
Mit ernster Stimme fuhr er fort: „Nein! Sie bekommen von mir nicht im
Geringsten eine Gehaltserhöhung, Herr Seeger. Ich sage nein, und es
bleibt ein Nein, egal, ob Ihr Kind krank ist oder nicht! Auf
Wiederhören.“ Sabrina sah ihren Vater mit offenem Mund an, sie brachte
kein Wort heraus. Das ist kein Umgang, das nicht, kramte sie in ihren
Gedanken hervor, ehe sie mit wütender Stimme einwarf: „Wie konntest du
nur!“ Ihr Vater sah sie von oben bis unten an, ihren schlanken Körper
und dann wieder in ihre blauen Augen und zuckte mit den Schultern.
Davon versteht Sabrina nichts, nicht das Geringste, worum es geht,
dämmerte es ihm, er ließ beide Schultern sinken und erwiderte: „Das ist
rein geschäftlich, Sabrina. In der Wirtschaft läuft das heute so; es
muss Leistung gebracht werden, sehr gute sogar. Du studierst eh
Lehrfach mit drittel Fächern, also brauchst du dich nicht weiterhin mit
meinen Angelegenheiten auseinanderzusetzen. Mein Geschäftspartner ist
jetzt zehn Jahre tot und hat mir sein Geschäft vererbt, vergess es
wieder.“ Mit diesen Worten schob er das Handy in die linke Außentasche
des schwarzen Anzuges, setzte sich in den weichen Ohrensessel und sah
Sabrina und ihre Mutter schweigend an. Wunderschön sieht meine Sabrina
aus, zum Anbeißen. Wird Zeit, dass sie sich einen Freund zulegt, einen
aus gutem Hause, brummte ihr Vater leise, aber er muss gut aussehen.
Sabrina sah ihren Vater mit ernstem Gesicht an. Ich will keinen Freund,
ich will keine Kinder, ich will keine Heirat, murmelte sie leise, bei
Annika habe ich es ja gesehen, dass eine Beziehung auseinandergehen
kann und das tu ich mir nicht an. Beziehungen und Heirat – alles geht
auseinand, besser so. Mit ihrer ruhigen Stimme entgegnete sie: „Nichts
zu machen, Vater. Ich verzichte auf eine Beziehung und eine Heirat mit
einem Jungen aus gutem Hause. Ich bin glücklich so!“ Wieder fielen ihre
Augen auf den Vinylmann, dieser schien sie anzusehen. Wach ich oder
träum ich, kam es ihr. Auf dem runden Tisch stand der Adventskranz und
daneben eine Schale mit Plätzchen, die nach Zimt und Koriander rochen,
ebenso ein selbstgebackener Rosinenstollen, der von Puderzucker gekrönt
war. Der Tisch war mit Tassen und Tellern gedeckt, die mit einem
geschmückten Christbaum und Geschenken bemalt waren. Ein
Räuchermännchen aus Holz, eine Brille auf der großen Nase und in den
geschnitzten Händen die Pfeife haltend, stand da und qualmte weißen
Rauch ausstoßend vor sich hin. Sabrina braucht endlich einen Freund,
dachte auch ihrer Mutter, sie sah zu ihrem Mann hinüber, der die Daumen
der linken und der rechten Hand drehte und sie ansah. Verdammt, Sabrina
wird es nie lernen was es heißt eine Beziehung zuhaben, brummte er
leise. Vater sollte lernen, mit seinen Angestellten anders umzugehen,
schoß es Sabrina durch den Kopf, sie legte beide Hände vor ihre Brust
und sagte: „Geh mit deinen Angestellten in Zukunft menschlicher um!
Onkel Adolf tut das auch mit seinen! Jetzt rufst an und sagst glei,
dass du ihm das Weihnachtsgeld für sein krankes Kind zahlst! Nicht
morgen oder übermorgen sondern jetzt glei!“ Mit diesen Worten drehte
sie sich wieder dem Christbaum zu, deutlich hörte sie, wie ihr Vater
die Tasten auf dem Handy piepsend drückte und dieses ans rechte Ohr
setzte, dann begann er: „Teilen Sie Herr Seeger bitte mit, er möge
Morgen sein Büro und den Schreibtisch ausräumen. Sagen Sie ihm, er ist
wegen einer unzumutbaren Gehaltsforderung mir gegenüber sofort
entlassen! Er möge sich doch anderweitig umsehen; das Geld ist nicht
dazu da, dass es seinem kranken Kind zugute kommt. Ich wünsche Ihnen
frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr 20...“ Mit
diesen Worten nahm er das Handy vom Ohr. Hoffentlich ist Sabrina jetzt
zufrieden, dämmerte es ihm, ehe er sagte: „Ich hoffe, du bist jetzt
zufrieden, meine Tochter, dass ich deinem Wunsch als dein Vater
nachgekommen bin.“ Ihr entfuhr ein empörtes „Wie konntest du nur?“ Ihr
Vater hob die linke Hand, dann fuhr er mit ernster Stimme fort: „Heute
ist nicht der Tag, darüber zu diskutieren, Sabrina, begreife das
endlich. Ich möchte nichts weiter von dir darüber hören!“ Er ließ die
Hand auf das Knie sinken und nickte ihr zu. Draußen an der Türe
klingelte es. Das wird Onkel Adolf sein, murmelte Sabrina leise, sie
legte die Kugel auf den Tisch zurück und ging zur Türe und öffnete
diese. Adolf Spatzenberg, Michael und Annika traten ein und umarmten
sie.
Annika war
hochgewachsen, trug ein weinrotes Dirndl mit weißen Ärmeln. Sie hatte
lange blonde Haare, blaue Augen und eine kleine spitze Nase, kleine
Brüste und lange Beine. Sie war 23 Jahre alt, drei Jahre älter als
Sabrina. Annika sah zum Fensterbrett und erblickte dort eine 50 cm
große Figur aus Holz. Sie trug eine rote Mitra mit goldenen Kreuz,
einen goldenen Krummstab und einen langen Bischofsmantel rot-weißer
Farbgebung. Ein langer weißer Vollbart bedeckte den Mund, die Figur
schaute aus blauen freundlichen Augen. Eine Nikolausfigur, kam es
Annika, echt niedlich. Neben Annika stand ihr Vater Adolf Spatzenberg,
er ging gebückt, in der linken Hand hielt er einen Stock umschlossen.
Er trug eine Rundbrille auf der spitzen Nase und einen weißen Vollbart
im Gesicht. Er war bekleidet mit einem schwarzen Anzug, darunter ein
weißes Hemd, schwarze Hose und schwarze Strümpfe und Schuhe. Er besaß
nette freundliche blaue Augen.
Auf dem
Steingassenberg, nicht weit von Sabrinas Haus, war immer noch
Bergweihnacht, bei der alles Mögliche verkauft oder auch zum Kaufen
angeboten und Hirschwürste gebraten wurden. Deshalb parkten überall auf
den Bürgersteigen und Feldern, die voller weißen Schnee waren, die
Autos.
Sabrina
lächelte Annika an, sie sieht gut aus, stieg es in ihr auf, das
weinrote Dirndl steht ihr gut. Annika lächelte zurück, Sabrina gefällt
mir, so sexy wie sie angezogen ist, murmelte sie leise, ehe sie sagte:
„Du siehst gut aus, Sabrina, richtig sexy – wie immer! Auf der Uni
trägst aber nur Jeans und bist eher unscheinbar.“ Michael trat hinter
Annika hervor, er war dick, hatte ein rundes babyähnliches Gesicht,
einen fetten Bauch, braune gekämmte Haare, die er immer mit Gel
pflegte, stämmige Beine. Er war 18 Jahre alt geworden, auf Sabrina
wirkte er widerlich und unangenehm. Das sieht man in seinen Augen, wie
fett und hässlich er ist, flüsterte sie kaum hörbar. Annika sah sie an
und nickte, echt widerlich, rauschte es durch ihren Kopf, ehe sie
gedrückt lächelnd sagte: „Und das ist mein Bruder, der schöne Michael,
so nennt er sich.“ Sabrina presste ein Lächeln hervor, aber, es gelang
ihr nicht, ehe sie einwarf: „Dass er sich selber so nennt, wundert
mich, Annika.“ Noch ehe sie etwas sagen konnte, lief Michael auf die 50
cm große Nikolausfigur zu, nahm sie mit und drehte den rechten Arm mit
der Bibel aus ihr heraus. Nicht das, nicht die, jagte es Sabrina durch
den Kopf, schnell lief sie zu ihm, es entfuhr ihr: „Lasse diese Figur
los, du Narr! Gib sie her!“ Sie umschloss mit beiden Händen die Figur
und zog sie ihm aus der linken Hand, mit offenen Mund sah sie Michael
an, hinter sich hörte sie Annika spöttisch sagen: „Ich sagte dir ja,
Sabrina, er ist dumm und ein Zerstörer.“ Ohne auf sie zu hören, rannen
Sabrina salzige Tränen aus ihren blauen Augen, etwas brannte in ihr, in
der Hand hielt sie den rechten Arm mit der roten Bibel mit dem goldenen
Kreuz.
Ich kann
Sabrina nicht so traurig sehen, stieg es in Adolf auf. Er ging zu ihr
und setzte sich neben sie, ehe er sich an sie wandte: „Das mit dem
rechten Arm von Nikolaus ist nicht so schlimm, Sabrina, du hast ihn vor
unseren Michael gerettet und dafür wird dir Nikolaus danken.“ Mit der
linken Hand strich er ihr über ihre Wange und wischte ihr die salzigen
Tränen weg, dann ergänzte er: „Für deine 20 Jahre, Sabrina, bist du
schon ein sehr reifes junges Mädchen.“ Sanft nahm er ihr den Nikolaus
weg und steckte vorsichtig den Arm wieder hinein, dass es leise
knackte. Mit offenen Mund sah ihm Sabrina zu. Jetzt ist Nikolaus wieder
heil, brummte er leise und lächelte Sabrina an. Jetzt kann ich Nikolaus
wieder zu den Zinn- und Lebkuchensoldaten stellen, dachte sie fröhlich.
Sie küsste ihren Onkel auf die linke Wange: „Danke! Danke, lieber
Onkel!“ entgegnete sie dabei. Hinter sich hörten sie Michael singen:
„Morgen kommt
der Weihnachtsmann,
kommt mit
seinen Gaben.
Bunte Lichter,
Silberzier,
Kind mit
Krippe, Schaf und Stier,
Zottelbär und
Pantertier
möcht’ ich
gerne haben.
Bring uns,
lieber Weihnachtsmann,
bring auch
morgen, bringe
eine schöne
Eisenbahn,
Bauernhof mit
Huhn und Hahn,
einen
Pfefferkuchenmann,
lauter schöne
Dinge.“
Deutlich hörte
sie, wie Annika zu ihrer Mutter sagte: „Die Moorenweiserstraße ist ja
echt zugeparkt, wegen dem Fest auf dem Steingassenberg.“ Ausgerechnet
heute, an Weihnachten, stieg es in Annika auf, sie lächelte. Da hat
Annika schon Recht, fand die Mutter von Sabrina. Die parken schon vor
unserer Garage, ärgerte sich Sabrina. „Man sollte mit dem Veranstalter
mal reden oder das vor die Gemeinde bringen!“, schnaubte ihr Vater gut
hörbar in seinem Sessel.
Onkel Adolf
gab Sabrina mit die reparierte Nikolausfigur wieder. Michael kann es
wohl kaum erwarten, was er kriegt, war sein Gedanke, nun gut. Ruhig
sagte er: „Dann macht euch mal über eure Geschenke her. Ich zeige euch
nachher noch ein paar kleine Zaubertricks, die ich noch von meinen
Onkel Drosselmeier aus der fünften Generation gelernt habe.“ Sabrina
riss die blauen Augen auf. Zaubern, wirklich zaubern?, jagte es durch
ihren Kopf. Ebendencer lächelte gespielt, der liebe Bruder tut sich
wieder hervor, dachte er bei sich. Annika und Michael gingen zu ihrem
Vater und setzten sich zu ihm und Sabrina. Was er uns wieder erzählen
wird?, fragte sich Annika in ihren Gedanken. Michael pfiff durch die
Zähne, hoffentlich ist es etwas Neues, dachte er. Mit ruhiger Stimme
begann Onkel Adolf: „Ihr drei seid alt genug, nicht mehr an
Kindermärchen zu glauben – aber es gibt ein Land, das kein
Kindermärchen ist und wirklich existiert, mit seinem Schloss
Schokoladenburg und seiner wunderschönen und ewig jungen sowie
unsterblichen Zuckerfee Elena, Herrin über Schloss Schokoladenburg und
das Reich Schokoladien.“ Er machte eine kurze Pause. Wie ist das
möglich, fragte sich Sabrina leise, sie sah zu Annika hinüber. Diese
hatte den Mund offen und schwieg in sich hinein. Das kann ich nicht
glauben, stieg es in Annika auf, das kann nicht sein. Michael hatte den
Kopf auf die Brust gesenkt und brachte keinen Ton über die Lippen,
Schokoladien! war sein einer Gedanke. Deutlich hörten alle drei Onkel
Adolf fortfahren: „Aber seid Jahrhunderten wird Schokoladien von einer
dunklen Macht heimgesucht, die droht, Weihnachten für immer zu
vernichten und der Vergessenheit zu überlassen. Der Rattenkönig
Maximilian Bonapartes, der in einem Kampf mit dem Heiligen Nikolaus vor
unzähligen Jahren einen Teil seines Rattenschwanzes verloren hat, ist
seitdem auf einem Rachefeldzug, um Schokoladien und Weihnachten zu
zerstören und Schloss Schokoladenburg für immer einzuäschern. Nur ein
junges hübsches Mädchen mit einer reinen Seele vermag dies für immer zu
verhindern und den Rattenkönig zu schlagen. Ich sage es noch einmal:
Ein junges hübsches Mädchen, dessen Seele rein und gut ist, vermag
Schokoladien und Weihnachten auch für alle späteren Jahrhunderte und
Generationen zu retten!“ Was für Geschichten, raunte der Vater von
Sabrina in seinem Sessel, ein Mädchen mit einer reinen Seele! Er rief
Adolf zu: „Lasse unsere Kinder endlich ihre Geschenke auspacken, damit
hier dann Ruhe ist und wir zum gemütlichen Teil übergehen können.“
Sabrina und
Annika hatten Bücher und Puppen zum Sammeln bekommen, Michael freute
sich über Soldatenfiguren und einen Vinylmann. Ebendencer erhielt einen
neuen Aktenkoffer und eine neue Brille. Onkel Adolf hatte von Sabrina
und Annika verschiedene Bücher über das Bauen von Figuren bekommen, nur
die Mutter von Sabrina hatte sich nichts gewünscht. Sabrina hatte noch
jede Menge unterschiedlicher CDs mit Filmmusik und von der neuen Gruppe
„Gregorians“ erhalten, aber ihre neue große Sammelpuppe sah sie genauer
an: Sie besaß langes blondes Haar, das den goldenen Schein der hellen
Sonne auffing, und blaue Augen. Sie trug ein langes rotes glitzerndes
Kleid mit Knöpfen aus Schokolade, dazu eine Krone mit einen goldenen,
fünfzackigen Stern auf dem Kopf. Ein hellrotes Überkleid war auf
Oberteil und Rock mit vielen Sternen und anderen goldenen Verzierungen
geschmückt. In der rechten Hand hielt die Puppe einen langen, goldenen
Stab, auf dem ein goldener Stern mit fünf Zacken thronte, um das linke
und das rechte Handgelenk zeigten die Ärmel goldene Aufschläge. Ihre
zarten Hände steckten in roten Handschuhen an deren Ende ein goldener
Aufschlag war. In der Mitte ihres Kleides verlief eine Bordüre, in die
aus feinsten Goldsträhnen verschiedene verzweigte oder geschwungene
Blumen eingenäht worden waren. Ihr langer Übermantel hatte eine
rot-weiß Farbgebung, wie auch ihre kleinen Schuhe, ebenso ihr langer
weiter Reifrock. Um den Hals trug sie einen kleinen Zettel an einer
roten Schnur, darauf stand: Elena. Ist das die Zuckerfee?, fragte sich Sabrina. Die Figur
in beiden Händen haltend, sagte sie an Onkel Adolf gewandt: „Ist das
die Zuckerfee – als große Puppe?“ Onkel Adolf drehte sich zu Sabrina,
das ist sie, dachte er sich, ehe er antwortete: „Oh ja, Sabrina, das
ist sie.“
Nach dem Essen
verabschiedeten sich Onkel Adolf, seine Tochter Annika und sein fetter
Sohn Michael. Nachdem sie gegangen waren, gab Sabrina ihrem Vater und
ihrer Mutter einen Kuss, bedankte sich für die Geschenke und lief in
ihr Zimmer – in der linken Hand die Figur der Zuckerfee, in der rechten
Hand die Figur des Heiligen Nikolaus.
2. Kapitel
Zwölf Engel um mich stehen
Sabrina zog
sich ihr Nachthemd an, machte ihre langen braunen Haare auf und strich
sie sich mit der Hand zurecht. War ganz schön anstrengend, dieser
Abend, war ihr Gedanke, auf ihrem Nachttisch mit den vielen Büchern
stand der Nikolaus aus Holz. Sabrina sah ihn in dem an der Wand
hängenden Spiegel an. Und den guten Nikolaus wollte dieser Michael
zerlegen, typisch für Michael, fuhr sie leise an sich gewandt fort, sie
schüttelte den Kopf. Als Sabrina aufgehört hatte, den Kopf zu
schütteln, gähnte sie leise, noch ein Abendgebet wie ich es schon als
Kind gemacht habe, wanderte es in ihren Kopf auf und ab, so wie früher,
ich sollte mich vor das Bett knien um zu beten. Erneut musste sie
gähnen. Aber das, was mir Onkel Adolf über den Nikolaus erzählt hat und
den Rattenkönig geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Sie seufzte leise,
wie war es doch gleich nochmal gewesen? Sie kramte die Geschichte aus
ihren unzähligen Gedanken hervor, während sie sich weiter mit den
Händen durch die langen, braunen Haare fuhr und nur in ihrer weißen
Unterwäsche, BH und Stringhöschen vor dem Spiegel stand, das weiße
seidene Nachthemd lag ordentlich ausgebreitet auf dem Bett.
Rattenkönig
Maximillian Bonaparte war mit im Spiel in der Erzählung ihres Onkels
gewesen, der selbstgekrönte König der Ratten hatte nach vier Schlachten
das Rattenreich unter seinem Banner vereint, um Weihnachten ein für
allemal zu vernichten und Schokoladenburg zu stürmen und zu besetzten.
Kalter Schweiß lief ihr bei diesen Gedanken über den Körper. Der
Rattenkönig hasste den Heiligen Nikolaus, weil dieser ihm bei der
Flucht mit seinem strahlenden Krummstab die Hälfte des langen Schwanzes
weg gezaubert hatte, deswegen schwor sich der Rattenkönig, einst an
Schokoladenburg und seinen Bewohnern Rache zu üben, für die verlorene
Hälfte seines Schwanzes. Deswegen waren Weihnachten und alle, die es
feierten, seine Feinde. Er wollte sie alle unter seiner Krone ins
Dunkel treiben, sie ewig zu binden, im Reich der Ratten, wo die dunklen
Schatten wohnen. Sabrina kniff die blauen Augen zusammen, laut Onkel
Adolf soll dieser Rattenkönig acht Köpfe und acht gelbe, leuchtende
Augen haben, sagte sie leise zu sich, er muss folglich richtig hässlich
sein und mit seinen Auftreten Angst und Schrecken verbreiten. Das war
also auch der Grund, warum alle anderen Ratten sich ihm nach langen
Kämpfen unterworfen hatten – nur, um dazu zugehören. Es muss ein
Rattenheer von ungeheurem Ausmaße sein, das unter den Leisten der
Zimmer oder sonstwo im Haus hier versteckt war und heimlich aufrüstete,
fuhr sie leise an sich gewandt fort. Also war dieses Reich
Schokoladenburg in Gefahr, und ist es jetzt noch immer, pochte es an
ihre Schläfen. Das alles nur wegen der einen verlorenen Hälfte des
Schwanzes. In BH und Stringhöschen setzte sich Sabrina neben ihr weißes
Nachthemd auf das Bett, legte die Hände flach auf die Knie und sah auf
den Boden ihres Zimmers.
Langsam, da in
ihren Zimmer noch das Licht an war, sah sie die Soldaten und Kanonen
ihres Neffen dort herumstehen, selbst neben der 50 cm großen Figur des
Heiligen Nikolaus standen in einer ordentlichen Reihe aufgestellte
Soldaten mit Gewehren und Pistolen in beiden Händen. Niedlich, stieg es
in Sabrina auf, wirklich niedlich. Sie hielt inne. Diese Soldaten
sollen gegen das Rattenheer von Rattenkönig Maximillian Bonaparte
antreten, war ihre kommende Erkenntnis. Ein so kleines Heer gegen noch
ein viel größeres Heer! Sie schluckte. Der Grund der Rache ist einfach
lächerlich, flüsterte sie leise, alles nur wegen der verlorenen Hälfte
des langen Schwanzes des Rattenkönigs. Aber sollte es zu einen Kampf
kommen, was ich nicht glaube, werfe ich das Kissen in beide Heere oder
diesen Rattenkönig auf seine acht Köpfe! Aber Beten hilft, um das Böse
in und um uns fernzuhalten, mein Gebet wird selbst den dunklen
Rattenkönig von meinem Zimmer fernhalten und sein großes Heer,
flüsterte Sabrina leise, das Böse war schon immer gegen Gebete und
Schutzengel so gut wie machtlos.
Mit beiden
Händen nahm sie ihr weißes Nachthemd, zog es sich über ihren schlanken
Körper und lächelte. Sie richtete die Augen auf die Schlitze ihrer
grauen Jalousie vor dem Fenster, der Vollmond warf gezackte Streifen
durch die Jalousien auf ihren Zimmerboden, auch die unzähligen Sterne
schienen zu ihr ins Zimmer, große und kleine Schneeflocken tanzten in
Massen an der Jalousie herunter. Erneut gähnte Sabrina leise, sie
sortierte in ihren Kopf ihre unzähligen Gedanken. Aber dieser
Rattenkönig geht mir wieder nicht aus dem Kopf! Sie kratzte sich mit
der Hand am Hals und ließ diese wieder sinken. Sabrina sah auf ihre
Bettdecke, ein kleiner Zwerg mit roter Mütze, grünem Hemd, brauner
Hose, langem weißen Bart, einen großen braunen Sack mit beiden Händen
offen haltend, sah sie lächelnd an. Er hatte braune, freundliche Augen.
Sabrina beugte ihr Gesicht leicht zu ihm vor: „Wer bist du?“ sagte sie
zu den kleinen Zwerg. Dieser lächelte sie weiter an und zwinkerte mit
dem rechten Auge. Er formte die rechte Hand zur Faust und zeigte mit
dem Daumen in den Sack. Voller Sand, sah Sabrina, das ist der Sandmann!
fuhr sie leise an sich gewandt fort. Der Zwerg nickte, formte mit dem
Mund der unter seinem vollen, weißen Vollbart verschwand: Genau.
Sabrina lächelte ihn an, wie putzig er ist! Erneut gähnte sie und legte
sich ins Bett und zog sich die warme weiche Decke über den schlanken
Körper. Der kleine Zwerg, den braunen Sack mit beiden Händen über den
Rücken haltend, hüpfte die Decke hoch und blieb vor ihrem zarten jungen
Gesicht stehen.
Mit der linken
Hand griff er in den offenen Sack hinein, dabei sagte er: „Der kleine
Sandmann bin ich, und gar nichts Böses will ich dir.“ Er hüpfte Sabrina
auf ihre Nase und streute ihr aus der geschlossenen linken Hand hellen,
glitzernden Sand in die Augen. Dabei sang er: „Euch Große und Kleine
liebe ich innig! Aus meinen Händen zwei Körnelein gebt ich euch in eure
müden Äugelein: Eure Augen fallen von alleine zu. Ihr schlaft in
himmlischer Ruh: seid ihr brav eingeschlafen, erwachen in der
Himmelsferne die vielen leuchtenden Sterne!“ Erneut griff er in den
großen Sack, sprang Sabrina auf ihre Nase und ließ hellen, glitzernden
Sand in ihr rechtes Auge rieseln. „Süße Träume werden dir die Engel
bringen, Träume, Träume, wunderschöne Träume, die dir die vielen Engel
bringen!“ Dann sprang er von der Nase von Sabrina herab, band mit
beiden Händen den Sack zu, legte ihn sich über den Rücken und hüpfte
vom Bett – und war weg.
Mit leiser
Stimme fing Sabrina an: „Abends will ich schlafen gehen, zwölf Engel um
mich stehen: Zwei an meinen Kopf, zwei an meinen Füßen, zwei zu meiner
Rechten, zwei zu meiner linken, zwei, die mich decken, zwei, die mich,
wenn es Morgen ist, wecken. Zwei, die mich weisen zum Himmels Paradies,
zwei, die zum Himmel zeigen.“ Leise wiederholte sie: „Abends will ich
schlafen gehen, zwölf Engel um mich stehen: Zwei an meinen Kopf, zwei
an meinen Füßen, zwei zu meiner Rechten, zwei zu meiner linken, zwei,
die mich decken, zwei, die mich, wenn es Morgen ist, wecken. Zwei, die
mich weisen zum Himmels Paradies, zwei, die zum Himmel zeigen.“ Mit
diesen Worten drehte sie sich auf die linke Seite und schlief ruhig
ein. Ihr Zimmer erstrahlte in einem hellen, gelb schimmernden Glanz,
das Fenster öffnete sich, eine weiße glitzernde Wolke flog herein. Auf
dieser Wolke standen unzählige Engel mit langen, blonden Haaren,
goldenen langen herabwallenden Gewändern, goldenen Flügeln, ihre langen
Gewänder glitzernden und strahlten golden in dem hellen Schein des
Lichtes, im gesamten Zimmer. Die ersten zwei Engel schritten die helle
Wolkentreppe hinunter und stellten sich ans Kopfende des Bettes. Die
nächsten zwei Engel schritten im hellen, strahlenden Licht, sich an den
Händen haltend, die Wolkentreppe hinab und stellten sich in die Mitte
neben dem Bett. Die nächsten zwei Engel schritten die Treppe hinab und
stellten sich an das Ende des Bettes. Zwei Engel setzten sich auf die
linke und rechte Bettkante und legten Sabrina ihre sanften Hände auf
den Kopf und streichelten sanft ihre Wangen. Das Licht wurde heller und
heller. Die Engel gaben sich die Hände und tanzten um das Bett, in dem
Sabrina schlief, einen Reigen, dazu erklang wundersame Musik, die das
Zimmer erfüllte. Die Flügel der Engel an ihren Rücken erstrahlten
goldenen, ebenso die Kronen, die sie auf ihren Köpfen trugen, strahlten
ein helles, warmes und ruhiges Licht aus, das bis in die Seele von
Sabrina drang und sie weiter friedlich schlafen ließ, ohne sie zu
wecken. Selbst die Schmerzen in der neuen Niere von Sabrina schienen
verschwunden, geheilt zu sein.
Die große
Nikolausfigur bewegte den linken Arm mit dem goldenen Krummstab. Das
strahlende, gelbe Licht drang durch seinen offenen Mund und seine
Nasenlöcher, er konnte den rechten Arm, in dem er die rot-goldene Bibel
hielt, ebenfalls bewegen. Er drehte die linke Hand mit dem goldenen
Krummstab hin und her, er formte den Mund unter seinem weißen dichten
Vollbart, der ihm bis zur Brust ging, zu einen Lächeln. Er drehte den
Kopf zu dem schlafenden Mädchen mit seinen, offenen langen braunen
Haaren, er ließ die Augen über ihr zartes, schlafendes Gesicht mit den
geschlossenen Augen wandern. Dir wird nichts passieren diese Nacht,
flüsterte er leise, dafür stehst du, da du so schön gebetet hast, unter
meinem heiligen Schutz. Morgen wirst du ohne Schmerzen in deiner Niere
aufwachen und spüren, dass diese Schmerzen für immer verschwunden sind.
Ein Engel mit
langen, blonden Haaren, auf denen eine goldene Krone saß, in einem
weißen und hellblauen, mit unzähligen goldenen Sternen geschmückten
Kleid wandte sich an den Heiligen Nikolaus: „Von diesem jungen
Mädchen,“ begann er, ehe er fort fuhr, „hängt das Schicksal von dem
Reich Fantasia und Schokoladenburg ab, Heiliger Nikolaus; der
Rattenkönig in seinem dunklen Reich ist wieder erwacht und droht, das
Reich der Schokladenburg zu vernichten.“ Interessant, wahrlich, stieg
es in Nikolaus auf. Er lehnte sich an seinen großen, langen goldenen
Krummstab und sah den Engel an, ein leiser Seufzer entwich seinen Mund.
Der Rattenkönig mit seiner dunklen Armee, fuhr er leise an sich gewandt
fort, ehe er mit seiner sonoren Stimme entgegnete: „Niemand wird
Weihnachten und das Schloss Schokoladenburg zerstören können, nicht
einmal dieser Rattenkönig. Er hat es schon jahrelang versucht.“ Er nahm
die rechte Hand vom Krummstab, zupfte sich den weißen gewellten
Aufschlag an der linken Hand zurecht und lächelte. Was die Menschen
alles aus Weihnachten gemacht haben, kam es dem Engel, ein Fest des
Konsums und des Geldverschwendens, nichts hat es mehr mit dem alten
Urbrauch zutun. Er seufzte leise. Der Nikolaus nahm die Hand von dem
Aufschlag und richtete die Augen wieder auf den Engel, dabei hob er
eine weiße Augenbraue: „Dieser Michael heute, der mir den Arm ausriss,
dieses schlafende Mädchen, dass mir meinen Arm wieder mit der Hilfe
ihres Onkels anklebte – mich vor diesem Rüpel rettete – verdient ein
ganz besonderes Geschenk, das ihr niemand in der Familie und
Verwandschaft machen kann. Das Erste ist, dass sie morgen ohne
Schmerzen in der transplantierten Niere von ihrem Onkel wieder
erwacht.“ Das wäre wahrlich ein Wunder, stieg es in dem Engel auf,
deutlich hörten sie Sabrina leise im Schlaf erneut flüstern: „Abends
will ich schlafen gehen, zwölf Engel um mich stehen: Zwei an meinem
Kopf, zwei an meinen Füßen, zwei zu meiner Rechten, zwei zu meiner
linken, zwei, die mich decken, zwei, die mich wenn es Morgen ist,
wecken. Zwei, die mich weisen zum Himmels Paradies, zwei, die zum
Himmel zeigen.“ Leise wiederholte sie: „Abends will ich schlafen gehen,
zwölf Engel um mich stehen: Zwei an meinem Kopf, zwei an meinen Füßen,
zwei zu meiner Rechten, zwei zu meiner linken, zwei, die mich decken,
zwei, die mich wenn es Morgen ist, wecken. Zwei, die mich weisen zum
Himmels Paradies, zwei, die zum Himmel zeigen. Wenn der Tod am höchsten
steigt, unser Herrgott die Hand uns reicht.“ Sie drehte sich auf die
rechte Seite, die Hände auf den Kissen liegend.
Ein großes
Rentier aus braunem Plüsch mit einem roten Band mit einer goldenen,
klingenden Glocke um den Hals und einer roten leuchtenden Nase sowie
großen schwarzen, freundlichen Augen, hinter sich einen golden-weißen
Schlitten ziehend, galoppierte zu ihnen. Sanft streichelte Nikolaus
seine weiße Schnauze. Der treue Rudolf, brummte er leise, der treue,
verlässliche Rudolf, fuhr er leise an sich gewandt fort, küsste es auf
die weiße Nase aus Plüsch und lächelte dem Engel zu. Mein guter treuer
Rudolf, lachte er leise, auf diesem Schlitten nehme ich sie mit, das
hat sich dieses Mädchen verdient. Dies Mädchen ist jung und sehr
hübsch, dachte der Engel, sie ist es, die das Schokoladenreich und die
Zuckerfee vor dem Rattenkönig retten kann. Der Engel wandte sich wieder
an den Heiligen Nikolaus: „Nur ein junges, hübsches Mädchen, mit einer
reinen unschuldigen Seele, das streng gläubig und ohne Vorurteile ist,
vermag das Schokoladenreich vor dem Ansturm des Bösen und seiner Macht
zu retten!“ Nikolaus sah dem Engel in seine blaue Augen. Diese reine
Seele haben wir in diesem jungen Mädchen gefunden, stieg es in Nikolaus
auf. Rein in der Seele, gläubig und ohne Vorurteile, hilfsbereit – all
diese Eigenschaften konnte ich in ihrer Seele und in ihren blauen Augen
lesen. Lesen, schnaufte Rudolf Rentier leise, lesen – der Heilige
Nikolaus kann alles in einen Menschen lesen. Er spürte, wie ihm
Nikolaus weiter über die Schnauze mit der roten leuchtenden Nase
streichelte. Vielleicht sollte er aus meinen Augen lesen, dass ich
Hunger habe, brummte er leise weiter in sich hinein. Schließlich muss
ich dieses junge und hübsche, reine Mädchen mitnehmen! Mit etwas
ärgerlicher Stimme wandte sich Rudolf Rentier an den Heiligen Nikolaus:
„Lieber Nikolaus,“ begann es mit ernster Stimme, „dein liebes Rentier
Rudolf – aber nicht Renntier Rudolf, hat Hunger auf gutes Stroh, denn
ich habe noch nichts zum Kauen bekommen! Also, lieber Heiliger
Nikolaus, gebe deinem Rudolf Rentier gutes und erstklassiges feines
Stroh.“ Der Nikolaus sah Rudolf an. Der Knabe denkt immer nur ans
Fressen! Er schüttelte den Kopf, dabei sind wir hier noch gar nicht
fertig, aber gut. Er drehte die rechte Hand im Kreis und auf einmal lag
ein großer Haufen Stroh vor Rudolf Rentier. Schnell erwiderte Rudolf:
„Habt Dank, Heiliger Nikolaus, habt Dank.“ Es beugte den Kopf nach
unten und begann das Stroh zu kauen. Hab’ ich Hunger, war sein Gedanke,
echten Hunger! Der Engel hob die linke Hand zum Gruß, dann verschwanden
er und die anderen Engel und das helle Licht aus dem Zimmer und tiefe
Dunkelheit legte sich in den Raum. Doch unter dem Boden und den Leisten
begann es zu knistern und zu flüstern. Leise sagte der Heilige
Nikolaus: „Die dunkle Macht ist erwacht. Die größte Schlacht dieser
Geschichte naht oder unsere Zeit und die Zeit Weihnachtens ist vorbei.
Was vermögen schon unsere ärmlichen Kräfte gegen diese dunkle Macht
auszurichten? Nichts. Aber noch ist die Stunde der Entscheidung nicht
da. Eines Tages wird der Rattenkönig, der dunkle Herrscher weichen,
damit die Kinder weiterhin Weihnachten, das Fest der Liebe und Freude
feiern können.“ Dabei spielte ein Lächeln über sein Gesicht und seinen
Mund. Doch die Schlacht gegen den Rattenkönig, um das Gute zu retten,
war nicht mehr fern.
3. Kapitel
Schlacht der Mäuse und Pfefferkuchen-Soldaten
Durch ihr
Zimmer fiel schwach der weiße, runde Vollmond und warf zackige Streifen
auf den Laminatboden. Die Dächer und Äste der Bäume waren voll weißem,
glitzerndem Schnee. Große und kleine weiße Flocken fielen vom Himmel.
Der Schnee schimmerte im Licht des Vollmondes. Vor ihrem Bett stand ein
kleiner Mann aus Vinyl. Er trug eine rote Uniform aus Stoff mit runden
goldenen Knöpfen, schwarze stoffene Hosen. Unter seinem kräftigen Kinn
saß ein weißer Bart, seine Nase aus Vinyl war rot, unter seinem Helm
mit der roten Feder und dem goldenen Knopf in der Mitte hatte er lange,
weiße Haare. In der linken Hand hielt er einen glitzernden Säbel. Er
besaß ernste blaue Augen. Im schwarzen Gürtel steckten zwei geladene
Pistolen, seine Stiefel waren schwarz und ebenfalls aus Vinyl gemacht.
Er stand mit dem Rücken zu ihr. Sabrina stützte sich auf die Ellenbogen
im weichen Laken des Bettes auf. Morgen kommen meine Cousins, flüsterte
sie leise zu sich, immerhin kann ich sie bis zur Bescherung ablenken.
Da werden sie sich sicher darüber freuen, war ihr anderer Gedanke, sie
pfiff leise durch die weißen Zähne. Irgendwo hörte sie etwas knistern
oder rascheln in einer Ecke ihres Zimmers. Der Mann aus Vinyl zog
klirrend seinen Säbel und drehte ihr den Kopf zu und nickte. Was ist
das? fragte sich Sabrina leise, sie sah genauer hin. Niemand soll
meiner Prinzessin dort oben etwas anhaben, raste es dem Vinyl-Mann
durch den Kopf. Er drehte den Kopf wieder von ihr weg und richtete
seine Augen auf die Ecke vor sich. Kommt schon, kommt schon, brummte er
leise. Sabrina im Bett hatte den Mund offen und setzte sich auf, das
kann nicht sein? Nein, das kann nicht sein! war wieder der Gedanke in
ihrem Inneren – nein, das konnte absolut nicht sein.
In
Dreierreihen marschierten Männer in roten Uniformen, schwarze
Dreispitze auf den Köpfen, darunter eine weiße Perücke mit zwei Rollen
links und rechts, das Gewehr über der Schulter, auf. Hinter ihnen
ritten auf weißen Pferden Soldaten mit Säbeln in den Händen, Pferde
zogen Kanonen mit goldenen Rohren hinter sich her, wieder andere
Soldaten hängten mit beiden Händen die Kanonen ab, schoben kleine
schwarze Kugeln hinein und richteten die Kanonen auf die Ecke mit dem
Regal. Sabrina traute ihren Augen nicht. Die kleinen Soldaten knieten
sich hin, legten ihre Gewehre an, hinter ihnen stand eine erneute Reihe
Soldaten mit angelegten Gewehren. Nun kommt schon, ihr Biester, na,
kommt schon, brummte der Mann aus Vinyl, er hob den Säbel mit der
linken Hand in die Höhe. Sabrina setzte sich in ihrem weichen Bett auf
und sah hinunter, ihre rosa Lippen zitterten etwas. Das werden mir
selbst meine Cousins und Neffen nicht glauben, schoss ihr durch den
Kopf. Neben den Soldaten standen in Viererreihen Lebkuchenmänner,
ebenfalls mit Säbeln und Gewehren. Der Lebkuchenmann vorne hatte Augen
aus Rosinen, eine Mandelnase und Knöpfe aus kleinen Schokoladenkugeln,
in der gesenkten rechten Hand hielt er seinen Säbel. Mit lauter Stimme
rief er dem Vinyl-Mann zu: „Melde gehorsamst: Das erste
Lebkuchen-Regiment ist angetreten!“ Gut, sehr gut, stieg es im
Vinylmann auf, schnell rief er zurück: „Wir haben unsere Prinzessin,
hier über mir, zu schützen! Noch vor Morgengrauen werden unsere Gegner
nicht mehr existieren!“ In der Nähe hörten sie die Uhr an der Kirche
ein Uhr läuten. Ein Soldat setzte die Trompete an den Mund und blies
hinein, der Soldat neben ihm hielt die Fahne fest in der linken Hand.
Deutlich sah Sabrina aus der Ecke, gelbe, funkelnde Augen, hervorsehen
und hörte wieder das Rascheln von dort. Auf dem kleinen Nachttisch
hörte Sabrina die Uhr: Tick. Tick. Tick. Tick. Tick. Tick. Im
milchigen, hellen Licht des Mondes sah sie eine Ratte, mit schwarzem
Umhang, acht Köpfen, die in verschiedene Richtungen hin und her
wippten. Um den pelzigen Körper trug er eine schwarze Rüstung, seine
Arme und Beine steckten in eisernen Schützern. Auf dem mittleren Kopf,
mit roten Augen, trug er eine goldene, mit Perlen verzierte Krone. In
der rechten Tatze hielt er einen Krummsäbel. Er hob die linke Tatze in
die Höhe, sofort marschierten Ratten mit Gewehren und Säbeln in den
Pfoten auf, hinter ihnen fuhren kleine Kanonen auf. Jetzt endlich ist
es soweit, knurrte der Rattenkönig leise, jetzt hole ich mir dieses
Mädchen auf dem Bett. Mit krächzender Stimme rief er dem Vinyl-Mann zu:
„Dieses Mal gehört mir das Mädchen! Entweder du gibst sie mir, oder du
stirbst einen elenden Tod!“ Der Vinyl-Mann lächelte, er wird einen
elenden Tod sterben, nicht ich, und dieses Mädchen ist meine
Prinzessin, murmelte er leise. Der Lebkuchenmann sah ihn mit seinen
Rosinenaugen an. Das schaffen wir nie, kam ihm der Gedanke. Er wandte
sich an den Vinyl-Mann: „Herr, wer weiß, wie die drüben ausgerüstet
sind. Wir haben nur Kavallerie und Infanterie, mehr aber auch nicht und
die...“ Mag schon sein, brummte der Vinyl Mann, er drehte die Augen zum
Lebkuchenmann und hob die rechte, buschige Augenbraue: „Das mag schon
sein, Hauptmann von Rosinenberg, aber wir haben unseren Verstand – was
die dort nicht haben,“ er nickte zu den Ratten hinüber. Ich muss unsere
Prinzessin mit meinem Leben verteidigen, sie schützen, weil ich sie
liebe, schoss es ihm durch den Kopf, er knirschte mit den Zähnen. Diese
Ratten haben mein Volk zerstört, hauchte Hauptmann von Rosinenberg
leise, und fast alle meine Leute angeknackt und sterben lassen, das
kann ich nicht vergessen. Der Vinyl-Mann ließ die Augenbraue wieder
sinken, ehe er einwarf: „Wir haben schon zulange gewartet, jedes
Weihnachten bin ich einem Kampf aus dem Weg gegangen. Damals herrschte
dieser schwarze Anführer noch im Keller und kam nie bis hierher; jetzt
aber hat er es geschafft, vorzustoßen. An uns ist es jetzt, unsere
Prinzessin mit den blauen Augen und den langen braunen Haaren zu
beschützen, Hauptmann von Rosinenberg! Halten wir dieses schwarze Pack
endlich auf!“ Hinter dem Tischbein knieten ebenfalls zwei Soldaten mit
angelegtem Gewehr.
Die Ratte mit
den acht Köpfen lächelte. Fantasia wird uns gehören, diesesmal wird es
für immer in unsere Hände fallen, seine Bewohner werden unsere Sklaven
werden, jubelte das Biest inwendig. Weihnachten wird nicht mehr sein.
Er wandte sich an die Ratte links neben sich: „Zerknackt die
Lebkuchenhäuser! Zerknackt die Lebkuchenmänner! Aber lasst mir den
Vinyl-Mann! Zerstört sie alle!“ Die Ratte links neben ihm trug eine
graue Jacke mit schwarzen Knöpfen und graue Hosen, aber keine Stiefel.
An der rechten Seite baumelte der Säbel klirrend hin und her, ihre
Schnurrhaare zitterten: „Zerknacken? Zerstören?“ wiederholte sie. So
ist es, so wird es sein, formte der Rattenkönig mit den Lippen. Wird
übel werden, kam es der anderen Ratte. Hinter sich vernahm sie eine
Soldatenratte einwerfen: „Das schaffen wir niemals, bis nach Fantasia
zu kommen! Ausgeschlossen, Herr.“ Der erste Kopf der Ratte drehte sich
zu seinem Offizier, eher ist er des Todes, als ich, war der Gedanke.
Wir sollten lieber kämpfen, murmelte der dritte Kopf und kniff die
gelben Augen zusammen. Der vierte Kopf hob die Augenbrauen und
erwiderte: „Zerfleischen wir sie – alle! Lasst keinen am Leben!“ Der
achte Kopf wippte nervös auf und ab. Der sechste Kopf knirschte mit den
Zähnen, zerstören wir dieses elende Fest Weihnachten, zerstören wir die
Lebkuchenmänner, Frauen, Puppen und Zinnsoldaten: „Holen wir uns
Fantasia! Es wird sich nicht mehr lange halten und wir werden die neuen
Herren über dieses ärmliche Volk sein,“ meinte er grinsend. Er drehte
sich zu seinen Ratten, hob den Säbel in der linken Tatze in die Höhe
und rief: „Feuer frei!“ Die Ratten hoben die Kolben ihrer Gewehre unter
das Kinn, legten die Rohre auf die Lebkuchensoldaten und Zinnsoldaten
an und hatten die Finger am Abzug.
Der Vinyl-Mann
wandte sich an den Lebkuchenmann, Leutnant von Rosinenberg, handeln wir
jetzt nicht, fallen unsere Soldaten Mann für Mann, knirschte er, ehe er
sagte: „Schickt ihnen Kugeln hinüber, die ihre Reihen zum Zusammenbruch
bringen, Leutnant!“ Sofort schoben neun Zinnsoldaten neun geladene
Kanonen hervor und richteten diese auf die Ratten. Ein weiterer Soldat
ging mit einer brennenden Lunte zu den Kanonen und zündete sie an.
Schwarze Kugel auf Kugel flog knallend, dabei rot-orangenes Feuer und
dichten weißen Qualm von sich gebend, in die Ratten hinein. Tote und
verwundete Ratten lagen auf dem Laminatboden, zuckten und schrien,
Säbel, Pistolen und Gewehre lagen vereinzelt neben ihnen. Das müsste
reichen, flüsterte leise der Vinyl-Mann. Nun traten die Lebkuchenmänner
mit angelegten Gewehren vor, hatten die Finger am Abzug und drückten
ab. Knall auf Knall, Pulverrauch auf Pulverrauch stieg aus den Rohren
auf, sausten die Kugeln in die Ratten, schreiend und Blut spuckend
fielen diese auf den Boden des Zimmers.
So werde ich Fantasia nie erobern, knirschte der erste Kopf des
Rattenkönigs, was kümmern mich das Dutzend tote Ratten! Er ballte die
rechte Kralle zur Faust, niemand hat mir bis jetzt eine Niederlage
beigebracht, mir, Rattenkönig Maximilian Bonaparte, dem Herrscher von
Rattreich. Rattreich wird Fantasia für immer vernichten und seine
Einwohner zu seinen Sklaven machen, fuhr er leise an sich gewandt fort.
Über dem linken Auge trug er eine schwarze runde Augenklappe, er
öffnete die rechte Kralle wieder und ließ diese sinken. Wir sollten
feuern, kam es dem dritten Kopf. Wir sind verloren, knirschte der
fünfte Kopf, und Rattreich steht ohne Sieg dar. Der siebte Kopf
schüttelte sich. Lieber der Tod als Rückzug, sagte der siebte Kopf
leise zum ersten Kopf mit der Krone. Ich muss Elena, die Zuckerfee, zur
Kapitulation zwingen und nicht etwa ihre Armee mich, die sonst
Rattreich besetzt und Weihnachten für immer vor mir rettet, brummte der
erste Kopf wütend. Die Ratten legten ihre Gewehre an das Kinn,
richteten die kleinen runden Läufe auf die Pfefferkuchensoldaten und
drückten ab. Kugel auf Kugel sauste in die Soldaten, trennten ihnen
Arme ab und durchbrachen ihre Köpfe oder Helme, weißer beißender Rauch
hüllte sie ein. Als sich der Rauch nach links und rechts verzog, lagen
tote Zinn- und Pfefferkuchensoldaten, neben sich Säbel, Gewehr oder
Trompete, auf den Boden. Die rechte Hand an der linken blutenden
Brustseite, die Fahne in der linken Hand, stand Herr von Rosinenberg
neben dem Vinyl-Mann. Vor und neben ihm lagen seine toten Freunde, er
sah zum Rattenkönig hinüber, sah dann dem Vinyl-Mann in dessen Gesicht.
Er presste noch hervor: „Vergib mir“ – danach brach er zusammen.
Sabrina kniete auf der weichen Decke im Bett, der Träger ihres weißen
Nachthemds rutschte ihr über die linke Schulter, aber sie achtete nicht
darauf. In der Dunkelheit sah sie die acht gelben Augen des
Rattenkönigs leuchten. Nicht mich, mich kriegt er nicht, murmelte sie
leise. Sabrina sah, wie die Zinn- und Pfefferkuchensoldaten sich
umdrehten und davon liefen. Bloß das nicht, fuhr sie leise an sich
fort. Mit beiden Händen griff sie nach ihrem weichen Kissen. Sie
richtete die Augen zum Vinyl-Mann, dieser trug den Leichnam von
Leutnant von Rosinenberg über den Schultern. Dafür wird der Rattenkönig
bezahlen, das schwöre ich mir, flüsterte der Vinyl-Mann im Gehen leise
immer und immer wieder. Mit gezogenem glitzernden Säbel lief der
Rattenkönig hinter dem Vinyl-Mann her, mit der linken Kralle den Säbel
haltend und rief: „Jetzt bist du mein! Jetzt bist du mein! Mörder
meiner Mutter, Mörder meines Vaters!“ Plötzlich hörte er etwas Dumpfes
rauschen, etwas Kräftiges traf ihn auf die acht Köpfe, er taumelte, der
Säbel entfiel seiner Tatze. Quiekend und schreiend liefen die Ratten
davon und trampelten über jene, die fielen. Endlich ist jetzt Schluss
damit, sagte Sabrina leise zu sich, endlich ist dieser Spuk vorbei. Sie
stand auf, bücke sich und hob das Kissen auf, legte es ins Bett, zog
die weiche Decke über sich und richtete die Augen nach oben. Was hat
das alles zu bedeuten, mit dem Rattenkönig und dem Vinyl-Mann, kramte
sie in ihren Gedanken herum, etwas muss doch dahinter stecken, warum
der Rattenkönig Heiligabend für immer vernichten will? Aber was war das
nur? Vermutlich gibt es dafür keine Erklärung, sondern es war nur ein
Traum, wanderte es in ihrem Kopf auf und ab.
Starkes, hell schimmerndes goldenes Licht strahlte in ihrem Zimmer.
Sabrina setzte sich erneut in ihrem Bett auf, sie hatte den Mund offen.
Das ist unmöglich, dämmerte es ihr. Beide Arme ausgestreckt, stand ein
Mann vor ihr. Er trug eine rote Mitra mit goldenen Kreuz, einen
goldenen Krummstab und einen langen Bischofsmantel rot-weißer
Farbgebung, ein langer weißer Vollbart bedeckte den Mund, er hatte
blaue freundliche Augen. Das ist doch, das kann nicht sein, das ist
doch!, pochte es gegen ihre Stirn. Der Mann verbeugte sich, mit seiner
freundlichen, ruhigen, sonoren Stimme begann er: „Du hast mich vor
deinem Cousin und dem Rattenkönig bewahrt – ich weiß, wie du heißt:
Sabrina, du besitzt eine reine und sehr gute menschliche Seele, das
besitzen nicht alle Menschen. Du bist eine der wenigen Ausnahmen in
eurer Welt. Sicher wirst du dich schon fragen, warum der Rattenkönig
mit den acht Köpfen Weihnachten für immer zerstören will?“ Er beugte
sich zu ihr vor, setzte sich auf die Kante des Bettes und sah sie an.
Wunderschön wie ein Engel, wanderte es in seinem Kopf auf und ab,
wunderschöner als Engel, der wunderschönste Engel, den ich je gesehen
habe. Nikolaus von Myra, presste Sabrina leise hervor, leise
wiederholte sie: Nikolaus von Myra. Der alte Mann lächelte sie an,
strich ihr mit der rechten Hand sanft über ihre warme Wange. Ruhig fuhr
er an Sabrina gewandt fort: „Schloss Schokoladenburg wartet schon auf
dich, Sabrina.“ Er fuhr ihr mit der linken Hand über ihre langen,
offenen braune Haare. Nikolaus von Myra wiederholte Sabrina erneut
leise. Schloss Schokoladenburg, die Zuckerfee, hämmerte es gegen ihre
Stirn, weil ich ihn vor meinem Cousin und dem Rattenkönig gerettet
habe, fuhr sie leise an sich gewandt fort. Aber es wird nur die Nacht
vom 23. auf den 24. Dezember sein, nur diese Nacht – ich mag gar nicht
daran denken, stieg es in Nikolaus auf, dabei spürte er ein Brennen in
seinem Inneren.
Mit gezogenem
scharfen Messer in der rechten Tatze erhob sich der Rattenkönig,
schüttelte einen Kopf nach dem anderen und knirschte mit den Zähnen.
Dieser heilige Mann steckt also dahinter, dieser verdammte heilige Mann
steckt also dahinter, wiederholte er immer und immer wieder, aber warte
nur! Er sprang auf beide Beine, hob das scharfe Messer in die Höhe und
lief auf Nikolaus zu. Schnell entfuhr es Sabrina: „Nikolaus! Vorsicht!“
Nikolaus sah den Rattenkönig auf sich zulaufen, streckte die linke
Hand mit dem Krummstab aus und rief: „Weiche, Satan! Weiche! Weiche,
Satan! Weiche!“ Das strahlende, gelb schimmernde Licht ließ den
Rattenkönig aufheulen, dann zerplatzte er in tausend Stücke und löste
sich auf. Nikolaus zog den Arm mit dem Krummstab wieder zurück.
Rattenkönig Maximilian Bonaparte ist nicht mehr, Fantasia Zuckerreich
ist gerettet, brummte er leise – und ich bin durch Sabrina erneut
gerettet worden. Er lächelte ihr zu. Sabrina erwiderte sein Lächeln. Er
nahm ihre Hand in seine, nun ist der Weg ins Zuckerreich Fantasia für
immer frei und steht ihr offen, sagte er leise zu sich. Der Rattenkönig
ist nicht mehr, flüsterte Sabrina leise und atmete auf, dass sich ihre
kleinen Brüste hoben und senkten. Sie stand von ihrem Bett auf und
stellte sich neben Nikolaus, dieser hielt sie immer noch an ihrer
rechten Hand zärtlich fest. Ein Wald aus unzähligen leuchtenden,
verschieden geschmückten Christbäumen umgab sie auf einmal, sie gingen
durch weißen, tiefen Schnee. Über ihnen flogen zwei Engel mit blonden
Haaren, weißen Kleidern und goldenen Flügeln. Etwas strahlte Sabrina
entgegen, was ist das? Ist das der Eingang zum Zuckerreich Fantasia?
Der goldene Heiligenschein umgab die rote Mitra mit dem goldenen
eingenähten Kreuz von Nikolaus. Sein Krummstab in der linken Hand
strahlte ebenfalls ein goldenes Licht aus.
4. Kapitel.
Im Wald der Christbäume
Sabrina, der
Heilige Nikolaus und Rudolf Rentier stampften durch den weißen Schnee,
der bis an ihre Knie ging.
Sie befanden sich in einem Wald voll leuchtender Christbäume. Die
sprechen! kam es Sabrina. In der linken Hand den goldenen Krummstab, in
der rechten Hand Rudolf an einer braunen Halsleine haltend, ging
Nikolaus neben Sabrina. Dieser Wald der Christbäume spricht seit
Anbeginn unserer Zeit, dachte Nikolaus. An Sabrina gewandt sagte er:
„Die Christbäume, Sabrina, egal, wie sie auch geschmückt worden seien,
haben eine Stimme wie du und ich, es sind gütliche, sanfte Wesen, die
so manchen Sturm überlebt haben.” Rudolf Rentier verzog das Gesicht und
rümpfte die rote leuchtende Nase. Bei meinen kleinen braunen Schaufeln
auf dem Kopf, schnaufte er leise, sprechende Christbäume und wieder
kein Futter, das ist eines Rentieres unwürdig und unrühmlich Ende,
schnaufte es. Der Heilige Nikolaus drehte sich mit ernstem Gesicht zu
Rudolf um: „Ich kenne deine Launen, Rudolf Rentier, es ist erstaunlich,
wievieles wir noch von euch Rentieren lernen können, ein Menschenalter
reicht dafür nicht aus.” Rudolf sah ihn mit offenem Maul an, das ist
doch, rauschte es durch seinen Kopf, nicht gerade nett, schloss er
seinen Gedanken. Er sah zu Sabrina hinüber. Diese lächelte, komisch
dieser Rudolf, echt, sagte sie leise zu sich. Sie lacht über mich,
dachte sich Rudolf mit offenem Maul, ehe er erwiderte: „Da gibt es
nichts zu lachen, liebes junges Mädchen. Wir Rentiere transportieren
eure vielen Geschenke auf dem Rücken, nicht der Heilige Nikolaus,
sondern wir: seine ordentlichen Rentiere, und das ist gar nicht
komisch, liebes junges Mädchen!” Mit beruhigender Stimme warf Nikolaus
ein: „Es ist gut, es ist gut, Rudolf. Lasse es jetzt genug damit sein.”
Nikolaus sah Sabrina an und zuckte mit den Schultern, nichts zu machen,
einfach nichts zu machen, war sein Gedanke, ehe er fort fuhr: „Rentiere
sind immer bockig und übel gelaunt, Sabrina, Rudolf ist da gar keine
Ausnahme. Was ihm nicht passt, passt ihm nicht, aber trotzdem muss man
ihn liebhaben.” Das verstehe ich, man muss ihn einfach lieb haben,
wanderte es im Kopf von Sabrina auf und ab, aber Rudolf ist einmalig,
er spricht mit uns, was kein Rentier glei tut. Er hat seine Launen, gut
und böse, das merkt man auch glei. Sie lächelte und erwiderte an
Nikolaus gewandt: “Seh ich auch so!”
Rudolf mit der
roten Nase schnaufte ärgerlich. Das mir das ausgerechnet heute
passieren muss, mir, dem treuen Diener des Heiligen Nikolaus, er drehte
die Augen hin und her, ausgerechnet mir, dem treuen Rentier! Es kaute
auf seinen Zähnen herum und erwiderte: „Ein Rentier, Heiliger
Nikolaus,” spöttisch fügte er hinzu “und Heilige Sabrina, hat einen
Anspruch auf ein zweites Frühstück. Der Weg zum Schokoladenreich ist
noch weit und ich möchte nicht kurz vor dem Ziel tot umkippen.”
Nikolaus stieß die Luft durch die Nase und seufzte, Rudolf ist
unverbesserlich, er hat schon gefressen und jetzt fängt er wieder damit
an, wanderte es in seinen Kopf auf und ab. Mit ernster Stimme erwiderte
er: „Du hattest schon dein erstes Frühstück, Rudolf mit der roten Nase,
soviel bekommt deinem Rentier-Magen nicht. Langsam solltest du das
wissen, dass zuviel gutes Stroh nicht gut für dich ist. Erst im
Schokoladenreich gibt es wieder was für dich.” Mit diesen Worten
stapfte er weiter durch den kniehohen Schnee. Ich sollte Sabrina
anbetteln, vielleicht hat sie etwas für mich übrig, ihr liebes Rudolf
Rentier mit der roten Nase, war sein Gedanke. Bloß, wie kriege ich sie
dazu, kramte er in seinen Gedanken herum, Sabrina würde mir sicher
etwas zum Fressen geben. Ich könnte Sabrina meinen Rentiersong
vorsingen, sie würde mir sicher dann etwas Stroh für meinen knurrenden
Magen geben. Ich muss nur den Text in meinem Hirn wiederfinden, wo ist
der Text meines Liedes? Sonst konnte ich ihn immer, wie ging, verdammt
noch einmal, der Text? Der Heilige Nikolaus darf jetzt nicht meine
Gedanken lesen, er hielt inne und sah Sabrina an. Diese schüttelte den
Kopf, dann hörte sie auf damit. Nein, er kriegt nichts und ich darf ihm
auch nichts geben, hat mir der Heilige Nikolaus gesagt, war der Gedanke
in Sabrinas Kopf, nein. Mit ernstem Gesicht wandte sich der Heilige
Nikolaus an Sabrina: „Du musst wissen, was du mit der Zeit, die dir in
deiner Welt gegeben ist, anfängst, Sabrina. Öffnet sich der Vorhang der
Tränen, wirst du dahinter helle Strände sehen, wenn deine Zeit im hohen
Alter kommt, in dem du gehen musst – aber hier bei uns gibt es sowas
nicht, bei uns alterst du nie, bei uns gibt es keinen Tod, nicht im
Reich Schokoladien oder Fantasia, wie es die anderen Menschen nennen
mögen. Solange ihr Menschen Weihnachten jedes Jahr feiert, solange wird
es unsere Welt geben. Hier bei uns bist du besser aufgehoben, aber
diese Entscheidung musst du im nächsten Dezember treffen, Sabrina.”
Sabrina sah
einen der Christbäume an, dieser hatte lange Äste mit sechs Fingern,
eine spitze nach unten gebogene knorrige Nase, orangefarbene Augen und
als Augenbrauen links und rechts kleine eingewachsene grüne Nadeln. Ein
großer grüner Bart, ebenfalls aus Tannennadeln, ging ihm über sein Kinn
und seinen Mund aus Holz. Mit den großen Fingern aus Ästen klirrte er
mit den drei Kugeln, einer gläsernen, einer roten und einer blauen,
herum und räusperte sich. Dann aber beugte er sich zu Sabrina hinunter:
„Nanu!” entfuhr es ihm mit dumpfer Stimme, er sah Sabrina in ihre
glasklaren blauen Augen. Er spricht ja, schoss es Sabrina durch den
Kopf. Unter seinem grünen langen Bart aus Tannennadeln lächelte der
Christbaum, dann fuhr er fort: „Ein junges Mädchen mit reiner
unschuldiger Seele!” Hübsch ist sie, dachte er für sich. Rudolf ist
auch mit dabei, brummte der Christbaum leise lachend, ehe er ergänzte:
„Und Rudolf mit der leuchtenden Nase, ist auch mit dabei... wie
bezaubernd, unser kleiner Rudolf.” Immer kriege ich den Spott, immer
ich, knurrte Rudolf leise. Er galoppierte von Sabrina weg, hin zu dem
großen Christbaum: „Ich bin ein Rentier aus dem hohen Norden, du fieser
Tannenbaum! Schau mal!” Seine rote runde Nase begann rötlich
aufzuleuchten, dabei lächelte Rudolf, ehe er ergänzte „Das kannst du
mit deinen Kugeln nicht, Christbaum, nur ich kann das!” Niedlich,
kicherte der geschmückte Tannenbaum, wirklich niedlich unser Rentier.
Ruhig schob der Tannenbaum nach: „So, so, ein Renntier mit roter Nase,
genannt Rudolf. Also Bursche, du meinst, ich kann nicht mit den Kugeln
leuchten?” Unglaublich, war der Gedanke von Sabrina, der Tannenbaum
legte den rechten Astarm nach hinten, schnippte mit den Fingern und an
ihm strahlten alle Kugeln und Kerzen, selbst der große goldene Stern
auf seiner Spitze. Lachend rief er: „Noch irgendwelche Fragen, Rentier,
die zu klären wären?” Rudolf blinzelte ihn mit offenem Maul an, gibts
nicht, flüsterte er leise. Dumpf lachend erwiderte der Tannenbaum: „Gibts
doch! Gibts doch, Rentier mit der roten Nase!” Dann lachte der
Tannenbaum nur noch. Das ist gar nicht lustig, kam es Sabrina, ich kann
Rudolf nicht so verspotten lassen. Mit ihrer weichen Stimme warf sie
ein: „Genug jetzt, Christbaum! Rudolf kann nichts dafür mit seiner
roten Nase! Begreift das endlich!” Der Christbaum stieß die Luft durch
seine große angewachsene Nase und gab einen Seufzer von sich. Dieses
hübsche Mädchen hilft wirklich jedem, selbst diesem Rentier mit der
roten Nase! Lächelnd sagte er: „Ihr habt wahrlich ein gutes Herz,
Mädchen, dass Ihr diesem Rentier beisteht. Uns Tannenbäumen, die vor
Weihnachten gefällt und in die Wohnzimmer der Menschen kommen, nun, mir
meinen Brüdern und Schwestern hilft niemand, weil wir als Tannenbaum in
den Zimmern der Menschen Brauch sind. Damit ihr uns schmücken und, wenn
Weihnachten vorbei ist, uns entsorgen könnt. Von der Ferne sehe ich
immer das Leid meiner Brüder und Schwestern und kann es nicht ändern.”
Erneut stieß er einen Seufzter aus. Das stimmt, da ist was Wahres dran,
dämmerte es Sabrina, wir Menschen sollten irgendwie umdenken. Mit ihrer
weichen ruhigen Stimme entgegnete sie: „Du hast recht, Christbaum. Wir
Menschen sollten wirklich drüber nachdenken, was wir euch antun, das
ist nicht gerecht. Und außerdem...” plötzlich hielt Sabrina inne – was
für ein hübscher Gesang, war ihr Gedanke. Leise wiederholte Rudolf
neben ihr: „Gibts nicht.” Der alte geschmückte knarrige Christbaum
hatte auch den Mund offen und sah genauer hin.
Fünf Männer,
drei in langen weißen Kutten, zwei in langen schwarzen Kutten, alle von
schlanker Figur, standen auf einmal da. Ihre Gesichter waren nicht zu
sehen, nur ihre Hände waren durch die langen oder weißen Ärmel
erkennbar. Irgendwoher erklang Musik, eine getragene fast festlich
klingende Musik. Dann fingen die Männer an zu singen:
Ave Maria,
gratia plena,
Dominus tecum.
Benedicta tu
mulieribus,
et benedictus
fructus ventris tui Iesus.
Sancta Maria,
Mater Dei,
ora pro nobis
peccatoribus
nunc et in
hora mortis nostrae.
Ave Maria,
gratia plena,
Dominus tecum.
Ave Maria, et
benedictus fructus Iesus,
nunc et in
hora mortis nostrae.
Es waren
Gregorianische Gesänge, die Sabrina mit offenen Mund hörte. Echte
Gregorianische Gesänge, wanderte es in ihren Kopf auf und ab, ich kann
Latein, habs auf dem Gymni gelernt, kam es ihr auf einmal, ja, genau.
Sabrina sah immer noch die fünf Männer mit ihren Kutten an, diese gingen
langsam singend weiter, erst der erste Mann in der Kutte, dann der zweite
Mann in seiner Kutte, gefolgt von den anderen drei Männern an ihr vorbei,
immer noch dabei singend. Leise flüsterte Rudolf Sabrina zu: „Diese Mönche,
gehören auch zu uns im Schokoladenreich, aber die wunderschönste,
unbeschreibliche, einmalige Frau ist Elena, die Zuckerfee von Schokoladien!
Du solltest sie erst einmal gesehen haben, Sabrina.” Die Zuckerfee, stieg
es in Sabrina auf, Elena die Zuckerfee! Der Christbaum legte seine Astarme
über dem knorrigen Stamm zusammen und lächelte. Elena die Zuckerfee, unsere
Herrin, brummte er leise, eine unbeschreibliche wunderschöne junge Frau und
unsterblich und ewig jung, wie wir alle hier. Alle drei sahen sie den
singenden Männern in ihren Kutten nach. Rudolf hat auch noch sein Lied
jetzt im Kopf gefunden, murmelte Rudolf Rentier leise. Mit einen Lächeln
erwiderte der Christbaum: „Hier wirst du noch sehr vieles und Wunderschönes
erleben, junges reines Mädchen. In dem Schloss der Zuckerfee,
Schokoladenburg, wird etwas ganz besonderes auf dich warten, aber mehr kann
ich, als Hirte der Christbäume, zu denen ich auch gehöre, dir nicht weiter
sagen oder es dir gar verraten. Es wartet auf dich und den Heiligen
Nikolaus eine sehr, sehr große Überraschung, gerade für dich, mein junges
Mädchen mit der reinen Seele.” Wo bleiben bloß Sabrina und Rudolf?, kam es
dem Heiligen Nikolaus, er blieb stehen und drehte sich um. Ach, da stehen
sie, er stapfte durch den hohen weißen Schnee zu Sabrina und Rudolf, mit
seiner sonoren Stimme sagte er ernst: „Man kann euch beiden keine
erdenkliche freie Sekunde aus den Augen lassen! Aber ich will nicht so
streng mit euch sein.” Er nahm Sabrina sanft an ihrer linken Hüfte und
streichelte sie. Der Hirte der Christbäume, brummte er leise, ehe er fort
fuhr: „Seid gegrüßt, Herr und Hirte der Christbäume,” er nickte ihm zu.
Dieser erwiderte mit knorriger Stimme: „Seid gegrüßt, Heiliger Nikolaus,
soviel Weihnachten vergingen, da Ihr nicht in meinen Wäldern, bei meinen
Brüdern und Schwestern wart.” „Das ist nicht zu leugnen, Baumhirte der
Tannen und Christbäume. Aber, wir haben noch ein kleines Stück Weg vor uns
und müssen über den Glühweinsee gebracht werden! Lebt wohl und Gott
beschütze Euch!” Mit diesen Worten nahm der Heilige Nikolaus Sabrina am
Arm. Diese drehte sich um, hob die linke Hand und winkte dem Christbaum zu,
dieser winkte mit dem Ast mit den vielen glitzernden Kugeln an den Fingern
ihr nach bis sie nicht mehr zu sehen war. Sabrina ließ die Hand sinken. Ich
werde ihn sicher wiedersehen, kam es ihr. Neben sich hörte sie den Heiligen
Nikolaus sagen: „Du wirst sie alle wiedersehen Sabrina, du wirst sie alle
wiedersehen.” Rudolf galoppierte hinter ihnen her und sang, dabei ließ er
seine rote Nase hell aufleuchten:
Ganz weit im
Norden, wo die Schneeflocken wehen,
da ist vor Jahren
ein Märchen geschehen.
Mitten im
Winterwald als es weihnachtlich still war und kalt.
Rudolf das kleine
Rentier,
mit der roten Nase
dran,
das war ein wenig
anders als die anderen Tiere waren,
Rudolf das Rentier
mit der roten Nase,
und alle Leute
lachten:
Rudolf sag wie
siehst du aus?
Mit dieser
Glimmernase bleibst du besser Zuhaus.
Aber der Heilige
Nikolaus sprach:
Rudolf zieh mit
mir,
Knipps die rote
Nase an, damit mein Schlitten sicher fährt.
Und alle Tiere
riefen:
Rudolf du bist
unser Held,
und deine
Glimmernase,
Ist die beste auf
der Welt.
Rudolf das Rentier
mit der roten Nase.
5. Kapitel
Der sprechende Glühweinsee
Der sprechende Glühweinsee wird Sabrina sicher gefallen, kam es dem
Heiligen Nikolaus im Gehen. Sabrina ging neben ihm und hinter ihr Rudolf
mit der roten Nase. Der Walzer der Schneeflocken war sehr bezaubernd und
mitreißend, dachte Sabrina. Neben sich hörte sie den Heiligen Nikolaus
sagen: „Noch ein Stückchen, Sabrina, und wir drei haben den Glühweinsee
erreicht!“ Sie gingen an einem großen, in den Himmel ragenden Christbaum
vorbei, vor diesem standen in grünen Hosen, braunen Hemden, mit langen
weißen Vollbärten und weißen Haaren zwei Zwerge. Unter roten Zipfelmützen
schauten sie mit freundlichen blauen Augen hervor und knieten vor Sabrina
und dem Heiligen Nikolaus nieder. „Unsere Retterin vor dem Rattenkönig“,
freuten sie sich, „sie ist endlich da!“ Beide Zwerge erhoben sich wieder
und lächelten Sabrina zu.
Auf dem Glühweinsee schwammen große und kleine Enten aus Schokolade. Ein
netter Clown, ebenfalls aus Schokolade, hielt in beiden Händen eine
Ziehhamonika und spielte fröhliche Weihnachtslieder. Er kam ihnen entgegen,
ein brauner Hund aus Schokolade lief bellend vor ihm her und machte vor
Sabrina und dem Heiligen Nikolaus mit hängender Zunge Männchen. Der Heilige
Nikolaus lächelte und streichelte dem Hund über den Kopf. Wie niedlich er
ist, dachte Sabrina. Der Clown hörte auf zu spielen und verneigte sich vor
Sabrina. „Gott hat sie uns geschickt, um unsere wunderschöne Zuckerfee
Elena und uns vor dem Rattenkönig zu retten – dieses junge Mädchen mit
seiner reinen Seele hat es vollbracht,“ seufzte er leise vor Freude.
Rudolf verzog das Maul: „Und ich bin kein Held und keines Blickes wert“,
schnaufte er, „ausgerechnet ich.“ Deutlich hörte er den Clown an Sabrina
gewandt sagen: „Ich danke Euch. Habt Dank, dass Ihr uns von dem dunklen
Rattenkönig befreit habt.“ Der Heilige Nikolaus nickte langsam. „So ist es
richtig, Dank zu zeigen“, brummte er leise. Alle Menschen leben hier
glücklich, brüderlich und frei, so erschien es Sabrina. Mit seiner sonoren
Stimme erwiderte der Heilige Nikolaus: „Guter Freund Clown, ich danke Euch
für Euer Lob, das Ihr auf unsere reine Sabrina gebracht habt. Ohne Sabrina
wären wir alle Sklaven des Rattenkönigs geworden oder Schlimmeres. Ich sage
dir, mein Freund, Fantasia und Schloss Schokoladenburg wie auch unsere
wunderschöne Zuckerfee Elena, wurden durch Sabrina an meiner Seite
gerettet.“ Der Clown lächelte. Es stimmt also doch, wir alle verdanken
Sabrina unser Leben, begriff er, kniete sich vor sie und küsste ihre zarte
linke Hand. Mit ihrer weichen Stimme antwortete sie: „Das braucht Ihr nicht
glei zu machen, vor mir sich niederknien! Erhebts Euch ruhig wieder!“ Der
Clown sah ihr in ihre blauen Augen und erhob sich, verneigte sich aber
nochmal vor ihr.
Gegenüber dem
Glühweinsee stand ein Knusperhäuschen aus Lebkuchen. Das Dach zierten
verschiedene große und kleine Lebkuchen, dazwischen Monde oder Sterne aus
schwarzer Schokolade. Vor dem Haus lag ein ordentlicher Stapel
Erfrischungsstäbchen, gefüllt mit Zitrone oder Orangensaft. Die Fenster des
Hauses waren aus Sternen und Halbmonden gestochen und mit hartem Zuckerguss
als Scheiben versehen. Auf dem Dach saß eine große schwarze Rabenkrähe,
legte den Kopf schief und sah sie erst mit dem linken, dann mit dem rechte
Auge an. Interessant, Besuch, war der Gedanke der Rabenkrähe, gerade
menschlichen Besuch kriegen wir hier nicht alle Tage. Die Rabenkrähe
öffnete die großen schwarzen Flügel und flog zu Sabrina, dem Heiligen
Nikolaus und Rudolf Rentier. Vor den Füßen von Sabrina landete sie und
zuckte beim Zusammenfalten mit beiden Flügeln. Eine Rabenkrähe, staunte
Sabrina. Sanft legte ihr der Heilige Nikolaus die Hand auf ihre rechte
Schulter. Der gute alte Abraxas, der Herr aller Krähen, sagte er leise zu
sich, ehe er begann: „Seid gegrüßt, edler Abraxas, König aller Krähen. Ihr
wart eine lange Zeit nicht bei uns.“ Abraxas sah zu Sabrina hoch und dann
zum Heiligen Nikolaus. Mit krächzender Stimme antwortete er: „Ihr habt
recht, Heiliger Nikolaus, etliche Flügelschläge haben wir uns nicht mehr
gesehen. Ich befürchtete, Ihr wäret tot.“ Der Heilige Nikolaus lächelte,
ehe er erwiderte: „Dasselbe dachte ich von Euch, Abraxas, Sohn von Raxas
Rabenkrähe, Eurem Vater und ersten König.“ Sabrina lächelte Abraxas zu,
dieser lächelte zurück – so gut dies mit seinem spitzen langen schwarzen
Schnabel ging. Das also ist Sabrina, die uns vor dem Rattenkönig gerettet
hat, dachte Abraxas, ehe er an Sabrina gewandt sagte: „Ich sehe in Euch,
Sabrina, eine reine und sehr gute Seele, genau so eine reine sehr gute
Seele, wie Elena, unsere Zuckerfee, sie besitzt und in sich trägt. Wir
Rabenkrähen können in die Seele jedes Menschen blicken und sehen, ob er gut
oder böse ist.“ Seine Worte haben Gewicht und Weisheit, dachte sich der
Heilige Nikolaus. Abraxas ist eine Rabenkrähe der Weisheit, stellte auch
Sabrina verwundert fest. „Ein Rentier würdigt man gar nicht“, schnaufte
Rudolf leise und ließ seine rote Nase wieder glühen, „ein Rentier wird wohl
nicht beachtet, wie?“ Er schüttelte den Kopf und ließ seine rote Nase
wieder erlöschen. Er hüpfte vom linken auf das rechte vordere Bein und
schnaufte. „Nicht einmal was zu Fressen kriege ich hier,“ raunte er empört.
Er hörte, wie Abraxas fortfuhr: „Alessandra die Schokoladenfee wird auch
bald in Schloss Schokoladenburg eintreffen, sie ist Elenas jüngste
Schwester. Heute Abend schon wird sie eintreffen. Wie Elena ist Alessandra
eine wunderschöne und liebe junge Frau und wie Elena hat Alessandra eine
reine und sehr gute Seele – wie auch Eure Sabrina, Heiliger Nikolaus.“
Sabrina sah den Heiligen Nikolaus an, der zu ihr sagte: „Alessandra die
Schokoladenfee kommt dir zu Ehren, Sabrina, Alessandra hat von deinem Sieg
über den Rattenkönig durch König Abraxas erfahren. Er ist sofort zu ihr
geeilt, um ihr das mitzuteilen, während wir auf dem Weg zum Glühweinsee
waren.“ Verstehe, kam es Sabrina, also lerne ich noch die Schokoladenfee
von Brasilien und der gesamten Schokolade in der Welt kennen.
Rudolf räusperte
sich, ich muss zu meinem Recht kommen und zwar schnell, war sein Gedanke,
ehe er sprach: „Ich habe Anspruch auf mein viertes Frühstück, Heiliger
Nikolaus, weil mir das zusteht und ich nicht darauf verzichten möchte. Ein
Rentier ist immer hungrig und wünscht sich auch etwas zu essen!“ Der
Heilige Nikolaus lächelte nachsichtig. Nichts als Fressen hat der Knabe im
Kopf, dabei sollte Rudolf dankbar sein, mit mir und Sabrina zum Schloss
Schokoladenburg zu kommen. Von diesen Rentieren kann man wirklich noch sehr
viel lernen und trotzdem wird man nicht ganz schlau aus ihnen. Mit ernstem
Ton erwiderte der Heilige Nikolaus: „Du hattest schon deine drei
Frühstücke, Rudolf Rentier, außerdem ist es zum Glühweinsee nicht mehr
weit. Halten wir uns alle ran, werden es nicht mehr als gute zwei Kilometer
sein – ein Katzensprung von hier aus für uns, ein gar kein weiter Weg mehr.
Den Wald der Christbäume haben wir schon hinter uns gebracht, also werden
wir dieses letzte Stückchen Weg auch noch schaffen, Herr Rentier!“ Wieder
dieses verfluchte Herr dachte
sich Rudolf. Leise wiederholte er: „Herr
Rentier!“, dabei schnaufte er ärgerlich, aber laut durch seine Schnauze
aus weichen Plüsch. Abraxas regte den Kopf etwas. Unserem Rentier Rudolf
geht es doch gut, wenn mich meine schwarzen Rabenkrähen-Augen nicht
täuschen, krächzte er leise in sich hinein. Diese Rentiere, gerade dieser
Rudolf Rentier, sind schon mehr als komisch genug.
Abraxas blickte
wieder zu Sabrina. Mit solch einer jungen Frau sollte sich unser Heiliger
Nikolaus verloben und Sabrina könnte für immer bei uns bleiben, kam es ihm.
Jetzt weiß ich, was Abraxas denkt, schoss es dem Heiligen Nikolaus durch
den Kopf. Würden täte ich es ja schon sehr gerne, aber dürfen darf ich es
nicht! In meiner Zeit als Bischof von Myra war es genauso, ich durfte als
Bischof nicht heiraten. Er wandte sich an Abraxas und schüttelte den Kopf:
„Nein. Nein, Abraxas, wirklich nicht. Nein. Dafür bin ich zu alt und
Sabrina zu jung. Schlage dir das aus deinem schlauen Rabenkrähen-Kopf,
guter Abraxas.“ Der Heilige Nikolaus hörte auf, den Kopf zu schütteln. Ich
würde ihn so gerne heiraten, war der Gedanke im Herzen von Sabrina. Was
mein Herz sagt, kann ich nicht ignorieren, fuhr Sabrina leise an sich
gewandt fort – das ist es also, die Stimme meines Herzens, meines einsamen
Herzens in mir.
Ein kleiner Junge,
er musste neun oder zehn Jahre alt sein, trug in der linken Hand eine
kleine Trommel und in der rechten Hand einen Schläger. Der kleine
Trommlerjunge, dachte Sabrina, ja, es ist der kleine Trommlerjunge! Sie
kennt ihn also, war der Gedanke des Heiligen Nikolaus, das ist sehr gut von
ihr. Ruhig sagte er zu Sabrina: „Das ist der kleine Trommlerjunge, der für
das neugeborene Jesuskind kein Geschenk hat und ihm statt dessen auf seiner
Trommel etwas vorspielt. Denn der Trommlerjunge ist arm und hat nur seine
Trommel als einzigen Besitz. Dafür lächelt ihm aber das Jesuskind in seiner
Krippe als neugeborener König zu. Ja, so ist das eben, Sabrina.“ Deutlich
hörte Sabrina den Jungen mit der Trommel spielen und dabei singen:
Come they told me
Pa rum pum pum pum
A new born King to see,
Pa rum pum pum pum
Our finest gifts we bring
Pa rum pum pum pum
To lay before the King
Pa rum pum pum pum
Rum pum pum pum
Rum pum pum pum
So to honor Him
Pa rum pum pum pum,
When we come.
Little Baby
Pa rum pum pum pum
I am a poor boy too,
Pa rum pum pum pum
I have no gift to bring
Pa rum pum pum pum
That's fit to give our King
Pa rum pum pum pum
Rum pum pum pum
Rum pum pum pum
Shall I play for you!
Pa rum pum pum
On my drum.
Mary nodded
Pa rum pum pum pum
The ox and lamb kept time
Pa rum pum pum pum
I played my drum for Him
Pa rum pum pum
I played my best for Him
Pa rum pum pum pum
Rum pum pum pum
Rum pum pum pum
Then He smiled at me
Pa rum pum pum pum
Me and my drum.
Rudolf lächelte und sah dem kleinen Jungen nach. Niedlich, der kleine
Junge, war sein Gedanke. Sabrina sah ihm ebenfalls kurz nach. Man muss
diesen einsamen kleinen Jungen lieb haben, er könnte mein Sohn oder einer
meiner kleinen Neffen sein, dachte sie sich in ihren Inneren.
Der Heilige Nikolaus wandte sich wieder an Sabrina und Rudolf: „Wir wollen
sehen, dass wir weiter nach Schloss Schokoladenburg kommen, um von Elena,
der Zuckerfee, empfangen zu werden. Wir müssen nur noch über den
sprechenden Glühweinsee, der aber keine Gefahr für uns ist. Ein Boot in der
Form eines großen Christstollens wartet auf uns.“ Sabrina drehte den Kopf
wieder zum Heiligen Nikolaus. Rudolf fuhr sich mit der Zunge über die
plüschige Schnauze. Abraxas sah erst Rudolf, dann Sabrina und den Heiligen
Nikolaus an. Ich sollte schon mal zu Schloss Schokoladenburg fliegen, war
sein Gedanke, ehe er mit krächzender Stimme begann: „Ich werde schon einmal
voraus fliegen, Heiliger Nikolaus, und euch drei bei Elena, der Zuckerfee,
ankündigen. Bis dann!“ Er hob ab in die Luft und stieg höher und höher, bis
er nur noch ein ganz kleiner schwarzer Punkt war, der über dem roten
Glühweinsee zu sehen war. Mit der linken Hand strich sich der Heilige
Nikolaus über seinen langen weißen Vollbart und sah Sabrina an. Wie
wunderschön sie ist, vielleicht sollte ich sie wirklich heiraten und mit
ihr hier wohnen. Kinder bräuchten wir keine, aber wir würden gemeinsam mehr
als glücklich und zufrieden sein. Sabrina wäre dann unsterblich und ewig
jung. Er hielt inne. Er nahm die Hand von seinem dichten weißen Vollbart
und sagte: „Gehen wir. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Verlieren können
wir nur unsere Zeit. Also vorwärts, ihr beide!“ Mit diesen Worten ging er
weiter durch den Schnee. Ich will hier bleiben, ich will hier weiterleben,
wanderten die Gedanken in Sabrina auf und ab. Sie und Rudolf gingen dem
Heiligen Nikolaus mit schnellen Schritten nach.
Vor einem großen
roten und dampfendem See, der nach Zimt und Saft roch, blieben sie stehen.
Der rote See besaß große schwarze Augen, eine längliche gebogene Nase und
einen großen Mund und machte kleine Wellen, die an den Strand rollten, der
mit lauter runden Lebkuchen gepflastert war. Ein dumpfes Lachen entwich dem
See, ehe er sagte: „Heiliger Besuch. Ihr drei wollt sicher übersetzen?“ Der
Heilige Nikolaus nickte ruhig und erwiderte: „Genau das haben wir auch vor,
Herr Glühweinsee, wir gedenken überzusetzen, um nach Schloss
Schokoladenburg auf der anderen Seite von dir zu kommen. Wir haben einen
ordentlich weiten Weg hinter uns gebracht und wollen hier nicht
übernachten; rufe deinen Fährmann mit seinem großen Stollenboot her, er
möge uns schleunigst abholen und ans andere Ufer bringen.“ Kein Problem für
mich, dachte sich der Glühweinsee. Vorsichtig hob er den rechten dampfenden
Arm und ein großer Stollen samt einem Pfefferkuchenmann rutschte herunter.
Langsam ließ der sprechende Glühweinsee den rechten Arm wieder sinken, bis
er verschwunden war. Der Lebkuchenmann war braun gebacken und hatte kleine
Rosinen als Augen. Seine Jacke war ebenfalls mit drei kleinen Rosinen
versehen, vier Rosinen schienen sein Mund zu sein, in der linken Hand hielt
er eine kleine Pfeife, die aus weißen geschälten Mandeln bestand. Die drei
wollen also über Herr Glühweinsee, stellte er bei sich fest. Er sah dem
Heiligen Nikolaus in die Augen, nahm mit der linken Hand die Mandelpfeife
aus dem Mund und sagte: „Ihr wollt also in meinem großen Stollenboot
übersetzen, Heiliger Nikolaus? Ihr drei also?“ Der Heilige Nikolaus nickte.
Erneut schob der Lebkuchenmann sich seine Mandelpfeife in den Mund. Er
stieß den süßlichen, weißen Rauch aus seinem Rosinenmund und seiner hellen
Mandelnase aus und wiegte den Kopf hin und her. Das ist ja interessant
–aber... eher wohl nicht, dachte er lustlos. „Also gut“, schnaufte der
Heilige Nikolaus, ehe er einwarf: „Das junge Mädchen neben mir hat uns vor
dem Rattenkönig und seiner Armee gerettet und Schokoladien vor dem
Untergang bewahrt! Zweifelt Ihr immer noch, Bootsmann? Wir müssen noch
durch das Land des Zimt und Koriander, ehe wir in Schloss Schokoladenburg
eintreffen können. Nun, Fährmann, wollt Ihr uns immer noch die Überfahrt
verweigern? Dieses junge Mädchen mit seiner reinen Seele heißt Sabrina,
ohne sie wären Ihr und ich – ganz Schokoladien – entweder Sklaven des
Rattenkönigs, oder, was viel schlimmer wiegen würde: Weihnachten wäre für
ewig von diesem kleinen Planeten verschwunden und die Phantasie der Kinder,
ob groß, ob klein, mit dazu.“ Also gut, seufzte der Lebkuchenmann, ehe er
erwiderte: „Ihr habt mich überzeugt, Heiliger Nikolaus, steigt alle drei in
mein Stollenboot und ich setze euch über.“
Vorsichtig stieg
der Heilige Nikolaus ein. Als er mit beiden Füßen im hin und her
schaukelnden großen Stollen stand, streckte er die linke Hand aus und nahm
Sabrina an ihrer Hand und führte sie sicher in das Boot. Sabrina nahm ihre
Hand aus seiner. Nur Rudolf wollte nicht. Da gehe ich nicht hinein, dachte
sich Rudolf, auf keinen Fall. „Komm schon, Rudolf, komm schon“, rief der
Heilige Nikolaus, „wir wollen endlich los! Das ist überhaupt nicht
gefährlich für dich, darin zu stehen!“ Rudolf schüttelte den Kopf. Ein
Rentier geht in kein Boot, nein, schnaubte er leise, ehe er erwiderte:
„Lieber Heiliger Nikolaus, ich gehe in kein Boot. Dann saufen wir ab. Ein
Rentier ist das nicht gewohnt – und basta!“ Das ist also sein letztes Wort,
brummte der Heilige Nikolaus. Ruhig erwiderte er: „Lieber Rudolf, zum
letzten Mal, steige endlich in das Boot, wie willst du sonst zu Schloss
Schokoladenburg kommen, mein Lieber?“ Rudolf blickte den Heiligen Nikolaus
an. „Ähm,“ entfuhr es Rudolf, „ähm, das ist so, ähm: Ein Rentier aus dem
hohen Norden, wie meine Wenigkeit, ist es gewohnt, weite Strecken mit all
ihren Hindernissen zu durchwandern. Das ist uns Rentieren seid dem ersten
Augenblick unserer Geburt in die Wiege gelegt worden. Daher werde ich den
kürzeren Landweg nehmen.“ Der Heilige Nikolaus runzelte die faltige Stirn.
Keine gute Idee, dachte er, ehe er einwarf: „Der Landweg ist zwar der
kürzeste, aber auch beschwerlichste Weg, Rudolf. Du musst durch die Berge
der Krampusse, meiner anderen Helfer am 6. Dezember, danach musst du weiter
über die Berge bis zum Dorf der Lebkuchen und durch die Auenfurten des
Buttergebäcks. Persönlich würde ich dir davon abraten, dieses Risiko
einzugehen. Komm lieber zu Sabrina und mir in das Stollenboot!“
Rudolf sprang
endlich in das Boot, der Lebkuchenmann legte die Leinen los und ruderte sie
auf die andere Seite. Vom Boot aus konnten sie auf einem Bergkamm aus
weißer Zuckerglasur das Schloss aus Marzipan mit seinen hohen Türmen
majestätisch und erhaben vor sich aufragen sehen. Die Bäume bestanden aus
Tannen aus feinsten Marzipan. Hier sollte Sabrina das erste Mal den Walzer
der Schneeflocken sehen.
6. Kapitel.
Walzer der
Schneeflocken
Die großen Schneeflocken in ihren weißen
glitzernden Kleidern und ihren weißen glitzernden Anzügen und Hosen waren
zum Tanz angetreten. Männer- und Frauen-Schneeflocken standen sich
gegenüber, verneigten sich, drehten sich dann um sich selbst, nahmen sich
an den Händen und tanzten. Andere Schneeflocken tanzten miteinander sich
drehend eine Pirouette. Mindestens vierzehn kleine Schneeflocken standen
hinter den Erwachsenen und sangen als Chor zum Walzer dazu. Die Frauen und
Mädchen der Schneeflocken waren hochgewachsen und schlank und trugen weiße
Kleider, die ans Ballett erinnerten, und kleine weiße Schuhe. Auf dem Kopf
trugen sie eine silberne, zackige glitzernde Schneeflocke. Die Männer
trugen weiße glitzernde Anzüge und Hosen, in die kleine weiße, ebenfalls
glitzernde Schneeflocken eingenäht waren.
Die Schneeflocken tanzten nicht einfach
irgendwie. Sie waren Künstler. Wichtig beim Langsamen Walzer ist der
Schwung. Er wird auf dem zweiten Teil des ersten Taktschlags aufgebaut und
dann auf „zwei, drei“ sanft abgebremst. Das Heben und Senken, also das
Absenken des Körpers durch Beugen der Knie (zum ersten Schlag hin senken)
und dem Strecken der Knie und dem Stehen auf dem Fußballen (auf dem zweiten
sowie Anfang des dritten Schlages heben) ist ebenso wichtig wie die Neigung
des Oberkörpers. Platzwechsel zum Gegenüberplatz und zurück. Dreher am
Platz in normaler Tanzhaltung. Damenkette – Damen gehen aufeinander zu,
reichen sich die rechten Hände, gehen zum Gegenüberherrn und mit diesem auf
dem gleichen Wege wieder zurück zum eigenen Herrn. Platzwechsel zum
Gegenüberplatz und zurück. Wiederholung. Platzwechsel. Dreher am Platz.
Damenkette. Herr steht seiner Dame
gegenüber.
Mit offenem Mund sah Sabrina den Schneeflocken
zu. Wunderschön, kam es ihr, wunderschön, sanft legte der Heilige Nikolaus
seinen rechten Arm um sie und drückte sie sanft an sich, das ist meine über
alles geliebte Sabrina, war sein Gedanke. Rudolf Rentier sah ihn mit
offenem Maul und großen Augen an, er liebt Sabrina wirklich, das ist
unglaublich, mit ernster Stimme warf er ein: „Ihr seid ein Mann Gottes,
Heiliger Nikolaus, Ihr dürft Sabrina nicht lieben.“ Und doch tue ich es,
dachte sich der Heilige Nikolaus, ehe er mit sonorer Stimme erwiderte: „Und
doch tue ich es, Rudolf Rentier, und doch tue ich es, weil ich Sabrina über
alles auf der Welt liebe.“ Sanft küsste er Sabrina auf den Hals und
verweilte mit den Lippen dort. Das tut so gut, so wunderbar gut, stieg es
in Sabrina auf. Für einen kurzen Moment schloss sie ihre blauen Augen, in
sich spürte der Heilige Nikolaus ein brennendes Verlangen, sie muss bei mir
bleiben, Sabrina muss bei mir bleiben, pochte es gegen seine Stirn. Nur
dieses eine Mal mit ihr, kam es ihm, nur diesen einen Moment mit meiner
Sabrina, er sah zu den weißen Schneeflocken hinüber. Sabrina in ihr linkes
Ohr flüsternd, sagte er: „Nina ist die Königin der Schneeflocken. Nina
Schneeflocke.” Deutlich spürte sie seinen warmen Atem an ihrem linken Ohr.
Sanft zog er seine Lippen von ihrer linken Schulter zurück und stellte sich
neben sie.
Der Walzer ging
weiter: Herr Schneeflocke rechte Handtour in der Mitte rechtsherum. Herr
Schneeflocke linke Handtour in der Mitte linksherum. Dreher am Platz mit
dem eigenen Partner. Frau Schneeflocke rechte Handtour in der Mitte
rechtsherum. Frau Schneeflocke
linke Handtour in der Mitte linksherum. Dreher am Platz mit dem eigenen
Partner. Wiederholung: Damen rechte Handtour in der Mitte rechtsherum.
Damen linke Handtour in der Mitte linksherum. Dreher am Platz mit dem
eigenen Partner. Herren rechte Handtour in der Mitte rechtsherum. Herren
linke Handtour in der Mitte linksherum. Dreher am Platz mit dem eigenen
Partner. Herr Schneeflocke linke Handtour in der Mitte, die Frauen
Schneeflocken stellen sich mit der rechten Schulter zum drehenden Paar auf
Balancé. Vierergruppe in Querreihen. Auflösung: Zum Gegenüberplatz
wechseln. Vor zur Mitte mit Verbeugung und zurück, Platzwechsel zum eigenen
Platz zurück. Frau Schneeflocke linke Handtour in der Mitte, die Herren
Schneeflocken stellen sich mit der rechten Schulter zum drehenden Paar auf
Balancé. Vierergruppe in Querreihen. Auflösung: Zum Gegenüberplatz
wechseln. Vor zur Mitte mit Verbeugung und zurück, Platzwechsel zum eigenen
Platz zurück. Wiederholung. Elf Schneeflocken tanzten hinter der
Vierergruppe Pirouetten und drehten sich um sich selbst und tanzten erneut
eine Pirouette und drehten sich danach wieder.
Ein anderes junges Mädchen löste sich aus der
Reihe der Tanzenden und kam auf Sabrina, den Heiligen Nikolaus und Rudolf
zu. Nina von Schneeflocke war schlank, besaß blaue Augen, langes blondes
Haar. Sie trug ein langes weißes Kleid, an den Händen weiße Handschuhe,
weiße Schuhe, dazu einen weißen, mit silbernen eingenähten Sternen
versehenen Reifrock. Der Ausschnitt ihres weißen Kleides gab ihre nackten
Schultern frei, denn Schneeflocken frieren nicht. Vor Sabrina blieb sie
stehen und sah sie aus ihren blauen Augen an. Das also ist Sabrina, die uns
vor dem Rattenkönig gerettet hat, murmelte sie leise, ruhig richtete sie
das Wort an Sabrina: „Ich bin stolz auf dich, junges Mädchen mit der reinen
und ehrlichen Seele, dass du uns vor dem bösen Rattenkönig gerettet und
befreit hast. Dir ganz allein gehört dieser Tanz von uns.” Sie sah von
Sabrina zum Heiligen Nikolaus hinüber, dieser nahm die Hände von Sabrinas
Hüften und verbeugte sich vor Nina. Er sammelte alle seine Gedanken und
sortierte sie langsam. Nina von Schneeflocke, hätte mich nie so hinter
Sabrina sehen sollen! kam es ihm. Er räusperte sich und begann: „Seid mir
gegrüßt, Nina von Schneeflocke, Herrin über das Reich der Schneeflocken,
ich bewundere den Tanz, den ihr für Sabrina tanzt.” Er richtete sich auf,
ergriff wieder den goldenen Krummstab und legte den Arm zärtlich um
Sabrina. Sie lieben sich tatsächlich, wunderte sich Nina, das freut mich
für sie. Sie wechselte mit Rudolf einen kurzen Blick, Herr Rentier ist auch
wieder mit von der Partie, erkannte sie, ehe sie fort fuhr: „Ich selber
werde heute auch bei dem Fest
auf Schloss Schokoladenburg sein, Heiliger Nikolaus. Eure Sabrina hat
dieses große Fest, bei Elena der Zuckerfee, wahrlich verdient.” Auch ein
Rentier hat sich dieses Fest verdient! dachte Rudolf, eher er einwarf,
dabei die rote Nase hell aufleuchtend lassend: „Nina von Schneeflocke,
selbst ein Rentier, wie ich es bin, hat ein Anrecht darauf, gefeiert zu
werden. Nicht Sabrina, sondern ich rettete...” Der Heilige Nikolaus warf
ihm einen ernsten Blick zu, fängt er schon wieder damit an! Nicht schon
wieder diese Geschichte, fuhr Sabrina leise an sich gewandt fort. Der
Heilige Nikolaus schüttelte den Kopf, Rudolf, Rudolf, immer muss er sich in
den Vordergrund spielen, brummte er leise. Mit ernstem Ton mahnte er: „So
geht das nicht weiter, Rudolf. Sabrina hat mich vor dem Rattenkönig mit
ihrem Kissen bewahrt, nicht du! Das solltest du dir ein für allemal merken,
liebes Rentier.” Dache ich es mir doch, kam es Nina, Rudolf spielt sich
wieder in den Vordergrund. Zu Rudolf gewandt sagte sie: „Ich habe auch
erfahren, dass Sabrina mit ihrer reinen Seele den Heiligen Nikolaus vor dem
Rattenkönig und davor auch vor ihrem Cousin Michael gerettet hat – nicht
ihr, Rudolf, sondern Sabrina!” Rudolf schnaubte wütend, das ist eine
Erniedrigung für ein Rentier, empörte er sich, ich, ein Rentier.
Eine andere schlanke Schneeflocke, im gleichen
Kleid wie Nina, mit braunen langen Haaren, ihre Augen schimmerten blaugrün,
trat auf Nina, Sabrina, den Heiligen Nikolaus und Rudolf zu, sie machte
einen Knicks und erhob sich wieder. Mit ruhiger Stimme begann die andere
Schneeflocke: „Ich bin Bruna, die jüngere Schwester von Nina von
Schneeflocke, Heiliger Nikolaus.” Sie ist wunderschön, staunte Sabrina,
richtig wunderschön. Bruna lächelte Sabrina zu. Ein unbekanntes Mädchen bei
uns? fragte sie sich. Nun, diese Frage kann ich beantworten, dachte sich
der Heilige Nikolaus, ehe er einwarf: „Bruna von Schneeflocke, dieses
Mädchen neben mir hat eine reine und unschuldige Seele – sie war es, die
mich vor dem Rattenkönig gerettet hat. Ihr Name ist Sabrina. Ohne sie wären
wir alle in die Dunkelheit gestürzt worden.” Alle sahen sie dem Tanz eine
Weile zu, dieser ging so weiter:
Herr Schneeflocke Dreher am Platz. Frau
Schneeflocke geht rüber zu Herr und Frau Schneeflocke, in der Dreiergruppe
zweimal vor und zurück. Die einzelnen Schneeflockendamen vor, zurück, vor
Aufstellung zum Karussell oder Kreuzhandfassung in der Mitte. Die
Vierergruppe tanzt ein Karussell mit kleinen Seitwärtsschrittchen am Platz.
Auflösen. Frau Schneeflocke Dreher am Platz. Frau Schneeflocke geht rüber
zu Schneeflockenpaar zwei. In der Dreiergruppe zweimal vor und zurück. Die
einzelnen Schneeflockendamen vor, zurück, vor Aufstellung zum Karussell,
Kreuzhandfassung in der Mitte. Die Vierergruppe tanzt ein Karussell mit
kleinen Seitwärtsschrittchen am Platz. Auflösen. Wiederholung. Herr
Schneeflocke Dreher am Platz. Herr Schneeflocke geht rüber zu
Schneeflockenpaar zwei. In der Dreiergruppe zweimal vor und zurück. Die
einzelnen Schneeflockenherren vor, zurück, vor Aufstellung zum Karussell.
Kreuzhandfassung in der Mitte, die Vierergruppe tanzt ein Karussell mit
kleinen Seitwärtsschrittchen am Platz. Auflösen. Frau Schneeflocke Dreher
am Platz. Herr Schneeflocke geht rüber zu dem ersten Schneeflockenpaar. In
der Dreiergruppe zweimal vor und zurück. Die einzelnen Herren vor, zurück,
vor Aufstellung zum Karussell. Kreuzhandfassung in der Mitte, die
Vierergruppe tanzt ein Karussell mit kleinen Seitwärtsschritten am Platz.
Auflösen.
Nach
dem Walzer der Schneeflocken verbeugten sich Nina und Bruna von
Schneeflocke vor Sabrina, dem Heiligen Nikolaus und Rudolf. Der Tanz war
wunderschön, dachte sich Sabrina. Nina und Bruna erhoben sich wieder,
küssten Sabrina und dem Heiligen Nikolaus die Hand, drehten eine Pirouette
und stiegen wieder auf in den Himmel. Sie winkten ihnen noch zu, bis sie
ganz kleine Punkte waren und verschwanden. Der Chor der Schneeflockenkinder
verstummte.
Zweiter Teil
1. Kapitel.
In Schloss
Schokoladenburg
Die Schlossanlage wird durch das symmetrische,
von zwei Treppentürmen flankierte Torhaus betreten. Die Außenmauern des
Torgebäudes sind mit Mozartkugeln, die Hoffassaden mit weißer Zuckerglasur
verkleidet. Das Dachgesims ist mit umlaufenden Zinnen aus Lebkuchen
abgeschlossen. Die ebenerdigen Geschosse des Torhauses aus mit Kakaobohnen
verzierter Schokolade sollten als Wirtschaftsbauten die Stallungen des
Schlosses aufnehmen. Der Durchgang des Torhauses führt direkt in den auf
zwei Ebenen liegenden Hof. Hier sieht man den Galeriebau und den
Viereckturm, beide aus feinstem Marzipan und mir Schokolade gedeckt. Die
südliche Seite des Hofs ist offen gelassen und gewährt einen Blick auf die
umgebende Berglandschaft. Die westliche Seite des Hofs ist durch eine
gemauerte Böschung begrenzt, die von einer Kapelle mit Chor und dem
Bergfried gekrönt ist. Daneben führt eine Freitreppe zur oberen Ebene.
Die obere Ebene des Hofs wird im Norden durch
das sogenannte Ritterhaus begrenzt. Der dreigeschossige Bau ist über eine
durchlaufende, mit Blendarkaden gestaltete Galerie mit dem Viereckturm und
dem Torhaus verbunden. Das Ritterhaus stellt den Aufenthaltsort der
Männergesellschaft auf einer Festung dar, auf Schloss Schokoladenburg waren
dort Dienst- und Wirtschaftsräume vorgesehen. An der südlichen Seite des
oberen Hofs befindet sich die ebenfalls dreigeschossige Kemenate, die als
Damenhaus das Gegenstück zum Ritterbau bildete.
Die westliche
Seite des Hofs wird vom Palast begrenzt, dieser bestand aus hellem und
starken weißen Marzipan. Er bildet das eigentliche Haupt- und Wohngebäude
des Schlosses, in dem sich die Prunkzimmer und die Räume der Dienerschaft
befinden, insgesamt mehr als 200 Räume. Der Palas ist ein mächtiger,
fünfgeschossiger Baukörper, in seinen Winkeln sind zwei Treppentürme aus
Marzipan eingefügt, von denen der nördliche mit 65 Metern Höhe aus weißen
Marzipan das Dach des Schlosses um mehrere Stockwerke überragt. Die nach
Westen gerichtete Fassade des Palas trägt einen zweistöckigen Söller mit
Blick auf den Glühweinsee, nach Norden ragen ein niedriger Treppenturm und
die Anlage des Wintergartens aus dem Baukörper. Der gesamte Palast ist mit
einer Vielzahl dekorativer Schokoladen-Schornsteine und Ziertürmchen aus
Marzipan geschmückt, die Hoffassaden sind mit farbigen Zucker-Fresken
versehen. Der hofseitige Giebel wird von einem Pferd aus Schokolade, der
westwärts gerichtete Außengiebel von einer Engelfigur aus Schokolade
bekrönt.
Die beiden größten
Räume des Schlosses sind der Thron- und der Schneeflockensaal. Der
Schneeflockensaal befindet sich über der Wohnung der Zuckerfee. Der
längsrechteckige Raum wurde mit Themen aus Fantasia und Schokoladien
ausgeschmückt. Der Thronsaal liegt im nach Westen ausgerichteten Trakt des
Palastes und ist ebenfalls prunkvoll dekoriert mit allem, was an edlem
Naschwerk denkbar ist.
Die Herrin über
dieses Schloss, Elena, war eine zarte und wunderschöne Fee mit langem
Blondhaar und grünen verspielten Augen. Sie trug ein rotes glitzerndes
Kleid mit Knöpfen aus Schokolade, eine Krone mit einen goldenen,
fünfzackigen Stern auf dem Kopf. Sabrina erkannte sie sofort, denn all der
Zierrat ihres Kleides entsprach haargenau dem ihrer Weihnachtspuppe, die
sie von Onkel Adolf geschenkt bekommen hatte. Elena war ewig jung und
unsterblich. Lächelnd trat sie auf Nikolaus und Sabrina zu. Sabrina
verneigte sich vor ihr, ebenso Nikolaus. Das müssen sie nicht, stieg es in
Elena auf, dieses junge Mädchen hat Fantasia gerettet! Sie beugte sich vor
und hob Sabrina mit beiden Händen auf. Mit ihrer glasklaren Stimme sagte
sie: „Ihr verbeugt Euch vor niemandem, Sabrina!“ Sabrina sah ihr mit ihren
blauen Augen in ihre ebenso blauen Augen, Elena lächelte. Die Zuckerfee, es
gibt sie also doch, dämmerte es Sabrina, ruhig erwiderte sie: „Ich danke
Euch, Zuckerfee, dass ihr mir gewährt, Fantasia kennenzulernen und zu
besuchen.“ Der Heilige Nikolaus lächelte Elena zu, diese lächelte zurück.
Ihre grünen Augen strahlten einen magischen Glanz aus, der anziehend
wirkte. Sie reichte Sabrina ihre Hände und lächelte erneut, ehe sie
fortfuhr: „Ihr habt uns vor dem Rattenkönig bewahrt, wir sind Euch für
immer Dank schuldig. Eure Seele ist so rein wie die Seelen von allen von
uns. Seid herzlichst willkommen auf Schloss Schokoladenburg.“
Nikolaus lehnte
sich wieder an seinen goldenen Krummstab. Ohne Sabrina wäre ich tot und das
Schokoladenreich Fantasia für immer verloren, wie auch Weihnachten, dachte
er. Er wandte sich an Elena, um dieser den Hergang zu schildern: „Die
Schlacht war so gut wie entschieden, Elena, das Heer der Ratten floh. Ich
drehte mich kurz zu Sabrina um, als sie ihr Kissen in die Ratten
schleuderte und den Rattenkönig auf den Kopf traf. Dieser stürzte, zog sein
Messer und lief schreiend auf mich zu, um es mir zwischen die
Schulterblätter zu stoßen.“ Er machte eine Pause, holte tief Luft. Dieser
Rattenkönig hätte beinahe meinen Bischof von Schokoladenburg ermordet,
rauschte es Elena durch den Kopf. Ruhig erzählte Nikolaus weiter: „Doch
unsere tapfere Sabrina rief mir laut zu: „Nikolaus! Vorsicht!“ Ich drehte
mich um und erkannte den Rattenkönig, ich hob meinen goldenen Krummstab und
richtete ihn auf ihn – mit einen Knall zerplatzte der Rattenkönig in seine
Einzelteile. So überlebte ich, Elena, meine Herrin und Zuckerfee.“ Neben
Nikolaus stand Rudolf Rentier mit der roten Nase und nickte. Unsere Elena,
stieg es in seinen Kopf auf, es hörte auf zu nicken und erwiderte: „Ich
habe es gesehen, wie unser Bischof, der Heilige Nikolaus, den Rattenkönig
in seine Einzelteile zerlegt hat – wäre ich, Rudolf Rentier, nicht gewesen,
so wäre unser Heiliger Bischof nun tot und zwar für immer und...“ Er sah zu
Elena, diese warf ihm einen ernsten Blick zu. Das ist und bleibt immer
unser lieber Rudolf, putzt sich selbst als Held heraus, war ihr Gedanke,
ehe sie mit ihrer zarten Stimme einwarf: „Ihr wart nicht der Held, Rudolf
Rentier mit der roten Nase, sondern dieses junge hübsche Mädchen mit der
reinen Seele.“ Der unermüdliche Selbstdarsteller, brummte der Heilige
Nikolaus leise, dieser Rudolf ist einfach unverbesserlich. Sabrina hatte
den Mund offen, leise flüsterte sie: „Elena die Zuckerfee. Elena die
Zuckerfee!“ Das ist unglaublich, war ihr Gedanke, deutlich hörte sie den
Heiligen Nikolaus sagen: „Rudolf ist, wie soll ich es sagen, Elena
Zuckerfee, immer darauf bedacht, sich gerne in den Vordergrund zu stellen.
So war er schon immer, seit ich ihn kenne und jeden Weihnachtsabend mit ihm
von Haus zu Haus unterwegs bin. Rudolf ist der Liebling der Kinder, wie wir
alle hier, die die Herzen der Kinder und ihrer Eltern höher schlagen
lassen.“ Dabei Lächelte er wieder Sabrina zu. Sabrina sah, welche Ruhe die
blauen Augen von Elena ausstrahlten und wie besänftigend der Glanz ihrer
Augen auf sie wirkten, die Schmerzen in der Niere von Sabrina waren für
immer vorbei. Elena hob die linke Hand in die Höhe und ließ diese sanft
über den schlanken Körper von Sabrina gleiten. Sie braucht ein
wunderschönes Kleid, dachte sich Elena, das ihrer würdig ist. Sie zog die
Hand wieder zurück. Sabrina trug ein goldenes glitzerndes Kleid, das ihre
beiden nackten Schultern freigab, mit einen langen goldenen Reifrock. Ihre
Füße steckten in zwei kleinen goldenen Schuhen. Sie sah an sich herunter
und dann wieder Elena an. Wie ist das möglich, staunte sie, dieses
wunderschöne goldene Kleid mit dem goldenen Reifrock!? Elena lächelte, ehe
sie zu Sabrina sagte: „Damit du, Sabrina, das passende Kleid für dein Fest
heute abend trägst.“
Das Entrée zum
Fest war prächtig. Die großen weißen, weit offen stehenden Flügeltüren
waren mit goldenen, geschwungenen Blumen verziert, man sah Tische mit
weißer Platte, auf denen vier goldene Vasen mit vielen Blumen standen. Das
Hauptzimmer bestand aus feinstem strahlenden Bernstein, die Wände zierten
goldene Blumen und goldene Vögel oder in verschiedenster Weise eingelegte
große und kleine leuchtende Diamanten, Smaragde und Rubinen, Opale und
andere wunderschöne Edelsteine. Die Kerzenständer waren ebenfalls aus purem
verzierten Gold, die links und rechts in jeden Raum standen. Es war eine
unbeschreibliche glitzernde und golden schimmernde Pracht, die Sabrina mit
offenen Mund anstaunte. Elena, Sabrina, der Heilige Nikolaus und Rudolf
gingen von dem Thronsaal zum gegenüberliegende Zimmer, den großen
Spiegelsaal, der das Licht der Kristallelemente von zahllosen Kronleuchtern
und Kandelabern in die Unendlichkeit brach. Die Deckengemälde waren aus
feinster Schokolade und Zucker.
Links und rechts
von den großen weißen Flügeltüren mit den goldenen Blumenranken standen je
zwei Männer mit weißer Perücke mit zwei oder drei Lockenrollen, in einer
roten Livrée mit acht goldenen Knöpfen, weißen Ärmelaufschlägen, roten
Hosen mit goldenen Knöpfen an der Seitennaht schwarzen Schuhen mit goldener
Schnalle. Vier Zermonienmeister gab es hier, einer trat auf Elena, Sabrina,
den Heiligen Nikolaus und Rudolf Rentier zu. In der linken Faust hielt er
einen langen, goldverzierten Stab, auf dem Kopf trug er einen schwarzen
Dreispitz, dazu einen blauen Anzug mit sieben eingenähten Knöpfen, eine
weiße Hose aus feinster Seide. Er hatte weiße gewellte Manschetten, um den
Hals trug er ein weißes Jabot, und an den Füßen schwarze Schuhe, ebenfalls
mit goldenen kleinen Schnallen. Sein Gesicht war das eines der
Lebkuchenmänner, er hatte freundliche strahlende Rosinenaugen und einen
freundlichen Rosinenmund. Er zwinkerte Elena und Sabrina zu. Der große Saal
war voller Schneemänner und Schneemännerfrauen. Auch Zimt und Koriander in
feinsten edlen Anzügen und bunten Kleidern sah Sabrina – das ist unmöglich,
dachte sie in einem fort. Lebkuchenmänner und Lebkuchenfrauen in
unterschiedlichsten Anzügen und Kleidern sah sie dort, ebenso wie
verschiedene Plätzchen in feinen Anzügen und deren Frauen, ausstaffiert mit
den edelsten und schönsten verschiedenen bunten Kleidern.
Judit war schlank,
hatte lange dunkelblonde Haare, die das Gold der Sonne auffingen, zärtlich
blickende grüne Augen und zarte rosa Lippen. Sie trug ein goldenes
glitzerndes Kleid, das ihre beiden nackten Schultern freigab, mit einen
langen goldenen Reifrock. Ihre beiden Füße steckten in zwei kleinen
goldenen Schuhen, ihr langes blondes Haar trug sie offen. Sie war die
jüngste Tochter des Kaisers Alfonso und dessen Frau Kaiserin Penelope.
Judit konnte mit einer Heirat und einer Ehe mit Kindern nichts anfangen, da
sie ihre Freiheit, unverheiratet zu sein, mehr als genoss. Judit gehörte zu
den Mädchen, die ewig jung und unsterblich waren, wie ihre Cousinen Elena,
die Zuckerfee und Alessandra, die Schokoladenfee. Das also ist Sabrina,
erkannte Judit, sie streckte ihr beide Hände hin und Sabrina ergriff sie.
Das gleiche Kleid wie ich! dachte Sabrina bei sich. Judit konnte also doch
kommen, freute sich Elena. Der Heilige Nikolaus lächelte, bin ich froh,
dass Judit da ist! Noch weiß sie nichts von ihrem tragischen Tod in den
Fluten des Sees, wenn sie zweiundzwanzig Jahre alt ist, und ich kann ihr
nicht helfen oder sie schützen. Das ist es, was mich mehr als bedrückt, ihr
nicht helfen zu können, fuhr er leise an sich gewandt fort und stieß die
Luft durch die Nase. Niemand wird ihr helfen können, wiederholte er so
leise, dass es weder Elena noch Sabrina hören konnten. Doch noch eine
andere Fee sollte bald auf Sabrina zukommen: Alessandra, die
Schokoladenfee.
Der sprechende Glühweinsee wird Sabrina sicher gefallen, kam es dem
Heiligen Nikolaus im Gehen. Sabrina ging neben ihm und hinter ihr Rudolf
mit der roten Nase. Der Walzer der Schneeflocken war sehr bezaubernd und
mitreißend, dachte Sabrina. Neben sich hörte sie den Heiligen Nikolaus
sagen: „Noch ein Stückchen, Sabrina, und wir drei haben den Glühweinsee
erreicht!“ Sie gingen an einem großen, in den Himmel ragenden Christbaum
vorbei, vor diesem standen in grünen Hosen, braunen Hemden, mit langen
weißen Vollbärten und weißen Haaren zwei Zwerge. Unter roten Zipfelmützen
schauten sie mit freundlichen blauen Augen hervor und knieten vor Sabrina
und dem Heiligen Nikolaus nieder. „Unsere Retterin vor dem Rattenkönig“,
freuten sie sich, „sie ist endlich da!“ Beide Zwerge erhoben sich wieder
und lächelten Sabrina zu.
Auf dem Glühweinsee schwammen große und kleine Enten aus Schokolade. Ein
netter Clown, ebenfalls aus Schokolade, hielt in beiden Händen eine
Ziehhamonika und spielte fröhliche Weihnachtslieder. Er kam ihnen entgegen,
ein brauner Hund aus Schokolade lief bellend vor ihm her und machte vor
Sabrina und dem Heiligen Nikolaus mit hängender Zunge Männchen. Der Heilige
Nikolaus lächelte und streichelte dem Hund über den Kopf. Wie niedlich er
ist, dachte Sabrina. Der Clown hörte auf zu spielen und verneigte sich vor
Sabrina. „Gott hat sie uns geschickt, um unsere wunderschöne Zuckerfee
Elena und uns vor dem Rattenkönig zu retten – dieses junge Mädchen mit
seiner reinen Seele hat es vollbracht,“ seufzte er leise vor Freude.
Rudolf verzog das Maul: „Und ich bin kein Held und keines Blickes wert“,
schnaufte er, „ausgerechnet ich.“ Deutlich hörte er den Clown an Sabrina
gewandt sagen: „Ich danke Euch. Habt Dank, dass Ihr uns von dem dunklen
Rattenkönig befreit habt.“ Der Heilige Nikolaus nickte langsam. „So ist es
richtig, Dank zu zeigen“, brummte er leise. Alle Menschen leben hier
glücklich, brüderlich und frei, so erschien es Sabrina. Mit seiner sonoren
Stimme erwiderte der Heilige Nikolaus: „Guter Freund Clown, ich danke Euch
für Euer Lob, das Ihr auf unsere reine Sabrina gebracht habt. Ohne Sabrina
wären wir alle Sklaven des Rattenkönigs geworden oder Schlimmeres. Ich sage
dir, mein Freund, Fantasia und Schloss Schokoladenburg wie auch unsere
wunderschöne Zuckerfee Elena, wurden durch Sabrina an meiner Seite
gerettet.“ Der Clown lächelte. Es stimmt also doch, wir alle verdanken
Sabrina unser Leben, begriff er, kniete sich vor sie und küsste ihre zarte
linke Hand. Mit ihrer weichen Stimme antwortete sie: „Das braucht Ihr nicht
glei zu machen, vor mir sich niederknien! Erhebts Euch ruhig wieder!“ Der
Clown sah ihr in ihre blauen Augen und erhob sich, verneigte sich aber
nochmal vor ihr.
Gegenüber dem
Glühweinsee stand ein Knusperhäuschen aus Lebkuchen. Das Dach zierten
verschiedene große und kleine Lebkuchen, dazwischen Monde oder Sterne aus
schwarzer Schokolade. Vor dem Haus lag ein ordentlicher Stapel
Erfrischungsstäbchen, gefüllt mit Zitrone oder Orangensaft. Die Fenster des
Hauses waren aus Sternen und Halbmonden gestochen und mit hartem Zuckerguss
als Scheiben versehen. Auf dem Dach saß eine große schwarze Rabenkrähe,
legte den Kopf schief und sah sie erst mit dem linken, dann mit dem rechte
Auge an. Interessant, Besuch, war der Gedanke der Rabenkrähe, gerade
menschlichen Besuch kriegen wir hier nicht alle Tage. Die Rabenkrähe
öffnete die großen schwarzen Flügel und flog zu Sabrina, dem Heiligen
Nikolaus und Rudolf Rentier. Vor den Füßen von Sabrina landete sie und
zuckte beim Zusammenfalten mit beiden Flügeln. Eine Rabenkrähe, staunte
Sabrina. Sanft legte ihr der Heilige Nikolaus die Hand auf ihre rechte
Schulter. Der gute alte Abraxas, der Herr aller Krähen, sagte er leise zu
sich, ehe er begann: „Seid gegrüßt, edler Abraxas, König aller Krähen. Ihr
wart eine lange Zeit nicht bei uns.“ Abraxas sah zu Sabrina hoch und dann
zum Heiligen Nikolaus. Mit krächzender Stimme antwortete er: „Ihr habt
recht, Heiliger Nikolaus, etliche Flügelschläge haben wir uns nicht mehr
gesehen. Ich befürchtete, Ihr wäret tot.“ Der Heilige Nikolaus lächelte,
ehe er erwiderte: „Dasselbe dachte ich von Euch, Abraxas, Sohn von Raxas
Rabenkrähe, Eurem Vater und ersten König.“ Sabrina lächelte Abraxas zu,
dieser lächelte zurück – so gut dies mit seinem spitzen langen schwarzen
Schnabel ging. Das also ist Sabrina, die uns vor dem Rattenkönig gerettet
hat, dachte Abraxas, ehe er an Sabrina gewandt sagte: „Ich sehe in Euch,
Sabrina, eine reine und sehr gute Seele, genau so eine reine sehr gute
Seele, wie Elena, unsere Zuckerfee, sie besitzt und in sich trägt. Wir
Rabenkrähen können in die Seele jedes Menschen blicken und sehen, ob er gut
oder böse ist.“ Seine Worte haben Gewicht und Weisheit, dachte sich der
Heilige Nikolaus. Abraxas ist eine Rabenkrähe der Weisheit, stellte auch
Sabrina verwundert fest. „Ein Rentier würdigt man gar nicht“, schnaufte
Rudolf leise und ließ seine rote Nase wieder glühen, „ein Rentier wird wohl
nicht beachtet, wie?“ Er schüttelte den Kopf und ließ seine rote Nase
wieder erlöschen. Er hüpfte vom linken auf das rechte vordere Bein und
schnaufte. „Nicht einmal was zu Fressen kriege ich hier,“ raunte er empört.
Er hörte, wie Abraxas fortfuhr: „Alessandra die Schokoladenfee wird auch
bald in Schloss Schokoladenburg eintreffen, sie ist Elenas jüngste
Schwester. Heute Abend schon wird sie eintreffen. Wie Elena ist Alessandra
eine wunderschöne und liebe junge Frau und wie Elena hat Alessandra eine
reine und sehr gute Seele – wie auch Eure Sabrina, Heiliger Nikolaus.“
Sabrina sah den Heiligen Nikolaus an, der zu ihr sagte: „Alessandra die
Schokoladenfee kommt dir zu Ehren, Sabrina, Alessandra hat von deinem Sieg
über den Rattenkönig durch König Abraxas erfahren. Er ist sofort zu ihr
geeilt, um ihr das mitzuteilen, während wir auf dem Weg zum Glühweinsee
waren.“ Verstehe, kam es Sabrina, also lerne ich noch die Schokoladenfee
von Brasilien und der gesamten Schokolade in der Welt kennen.
Rudolf räusperte
sich, ich muss zu meinem Recht kommen und zwar schnell, war sein Gedanke,
ehe er sprach: „Ich habe Anspruch auf mein viertes Frühstück, Heiliger
Nikolaus, weil mir das zusteht und ich nicht darauf verzichten möchte. Ein
Rentier ist immer hungrig und wünscht sich auch etwas zu essen!“ Der
Heilige Nikolaus lächelte nachsichtig. Nichts als Fressen hat der Knabe im
Kopf, dabei sollte Rudolf dankbar sein, mit mir und Sabrina zum Schloss
Schokoladenburg zu kommen. Von diesen Rentieren kann man wirklich noch sehr
viel lernen und trotzdem wird man nicht ganz schlau aus ihnen. Mit ernstem
Ton erwiderte der Heilige Nikolaus: „Du hattest schon deine drei
Frühstücke, Rudolf Rentier, außerdem ist es zum Glühweinsee nicht mehr
weit. Halten wir uns alle ran, werden es nicht mehr als gute zwei Kilometer
sein – ein Katzensprung von hier aus für uns, ein gar kein weiter Weg mehr.
Den Wald der Christbäume haben wir schon hinter uns gebracht, also werden
wir dieses letzte Stückchen Weg auch noch schaffen, Herr Rentier!“ Wieder
dieses verfluchte Herr dachte
sich Rudolf. Leise wiederholte er: „Herr
Rentier!“, dabei schnaufte er ärgerlich, aber laut durch seine Schnauze
aus weichen Plüsch. Abraxas regte den Kopf etwas. Unserem Rentier Rudolf
geht es doch gut, wenn mich meine schwarzen Rabenkrähen-Augen nicht
täuschen, krächzte er leise in sich hinein. Diese Rentiere, gerade dieser
Rudolf Rentier, sind schon mehr als komisch genug.
Abraxas blickte
wieder zu Sabrina. Mit solch einer jungen Frau sollte sich unser Heiliger
Nikolaus verloben und Sabrina könnte für immer bei uns bleiben, kam es ihm.
Jetzt weiß ich, was Abraxas denkt, schoss es dem Heiligen Nikolaus durch
den Kopf. Würden täte ich es ja schon sehr gerne, aber dürfen darf ich es
nicht! In meiner Zeit als Bischof von Myra war es genauso, ich durfte als
Bischof nicht heiraten. Er wandte sich an Abraxas und schüttelte den Kopf:
„Nein. Nein, Abraxas, wirklich nicht. Nein. Dafür bin ich zu alt und
Sabrina zu jung. Schlage dir das aus deinem schlauen Rabenkrähen-Kopf,
guter Abraxas.“ Der Heilige Nikolaus hörte auf, den Kopf zu schütteln. Ich
würde ihn so gerne heiraten, war der Gedanke im Herzen von Sabrina. Was
mein Herz sagt, kann ich nicht ignorieren, fuhr Sabrina leise an sich
gewandt fort – das ist es also, die Stimme meines Herzens, meines einsamen
Herzens in mir.
Ein kleiner Junge,
er musste neun oder zehn Jahre alt sein, trug in der linken Hand eine
kleine Trommel und in der rechten Hand einen Schläger. Der kleine
Trommlerjunge, dachte Sabrina, ja, es ist der kleine Trommlerjunge! Sie
kennt ihn also, war der Gedanke des Heiligen Nikolaus, das ist sehr gut von
ihr. Ruhig sagte er zu Sabrina: „Das ist der kleine Trommlerjunge, der für
das neugeborene Jesuskind kein Geschenk hat und ihm statt dessen auf seiner
Trommel etwas vorspielt. Denn der Trommlerjunge ist arm und hat nur seine
Trommel als einzigen Besitz. Dafür lächelt ihm aber das Jesuskind in seiner
Krippe als neugeborener König zu. Ja, so ist das eben, Sabrina.“ Deutlich
hörte Sabrina den Jungen mit der Trommel spielen und dabei singen:
Come they told me
Pa rum pum pum pum
A new born King to see,
Pa rum pum pum pum
Our finest gifts we bring
Pa rum pum pum pum
To lay before the King
Pa rum pum pum pum
Rum pum pum pum
Rum pum pum pum
So to honor Him
Pa rum pum pum pum,
When we come.
Pa rum pum pum pum
I am a poor boy too,
Pa rum pum pum pum
I have no gift to bring
Pa rum pum pum pum
That's fit to give our King
Pa rum pum pum pum
Rum pum pum pum
Rum pum pum pum
Shall I play for you!
Pa rum pum pum
On my drum.
Mary nodded
Pa rum pum pum pum
The ox and lamb kept time
Pa rum pum pum pum
I played my drum for Him
Pa rum pum pum
I played my best for Him
Pa rum pum pum pum
Rum pum pum pum
Rum pum pum pum
Then He smiled at me
Pa rum pum pum pum
Me and my drum.
Rudolf lächelte und sah dem kleinen Jungen nach. Niedlich, der kleine
Junge, war sein Gedanke. Sabrina sah ihm ebenfalls kurz nach. Man muss
diesen einsamen kleinen Jungen lieb haben, er könnte mein Sohn oder einer
meiner kleinen Neffen sein, dachte sie sich in ihren Inneren.
Der Heilige Nikolaus wandte sich wieder an Sabrina und Rudolf: „Wir wollen
sehen, dass wir weiter nach Schloss Schokoladenburg kommen, um von Elena,
der Zuckerfee, empfangen zu werden. Wir müssen nur noch über den
sprechenden Glühweinsee, der aber keine Gefahr für uns ist. Ein Boot in der
Form eines großen Christstollens wartet auf uns.“ Sabrina drehte den Kopf
wieder zum Heiligen Nikolaus. Rudolf fuhr sich mit der Zunge über die
plüschige Schnauze. Abraxas sah erst Rudolf, dann Sabrina und den Heiligen
Nikolaus an. Ich sollte schon mal zu Schloss Schokoladenburg fliegen, war
sein Gedanke, ehe er mit krächzender Stimme begann: „Ich werde schon einmal
voraus fliegen, Heiliger Nikolaus, und euch drei bei Elena, der Zuckerfee,
ankündigen. Bis dann!“ Er hob ab in die Luft und stieg höher und höher, bis
er nur noch ein ganz kleiner schwarzer Punkt war, der über dem roten
Glühweinsee zu sehen war. Mit der linken Hand strich sich der Heilige
Nikolaus über seinen langen weißen Vollbart und sah Sabrina an. Wie
wunderschön sie ist, vielleicht sollte ich sie wirklich heiraten und mit
ihr hier wohnen. Kinder bräuchten wir keine, aber wir würden gemeinsam mehr
als glücklich und zufrieden sein. Sabrina wäre dann unsterblich und ewig
jung. Er hielt inne. Er nahm die Hand von seinem dichten weißen Vollbart
und sagte: „Gehen wir. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Verlieren können
wir nur unsere Zeit. Also vorwärts, ihr beide!“ Mit diesen Worten ging er
weiter durch den Schnee. Ich will hier bleiben, ich will hier weiterleben,
wanderten die Gedanken in Sabrina auf und ab. Sie und Rudolf gingen dem
Heiligen Nikolaus mit schnellen Schritten nach.
Vor einem großen
roten und dampfendem See, der nach Zimt und Saft roch, blieben sie stehen.
Der rote See besaß große schwarze Augen, eine längliche gebogene Nase und
einen großen Mund und machte kleine Wellen, die an den Strand rollten, der
mit lauter runden Lebkuchen gepflastert war. Ein dumpfes Lachen entwich dem
See, ehe er sagte: „Heiliger Besuch. Ihr drei wollt sicher übersetzen?“ Der
Heilige Nikolaus nickte ruhig und erwiderte: „Genau das haben wir auch vor,
Herr Glühweinsee, wir gedenken überzusetzen, um nach Schloss
Schokoladenburg auf der anderen Seite von dir zu kommen. Wir haben einen
ordentlich weiten Weg hinter uns gebracht und wollen hier nicht
übernachten; rufe deinen Fährmann mit seinem großen Stollenboot her, er
möge uns schleunigst abholen und ans andere Ufer bringen.“ Kein Problem für
mich, dachte sich der Glühweinsee. Vorsichtig hob er den rechten dampfenden
Arm und ein großer Stollen samt einem Pfefferkuchenmann rutschte herunter.
Langsam ließ der sprechende Glühweinsee den rechten Arm wieder sinken, bis
er verschwunden war. Der Lebkuchenmann war braun gebacken und hatte kleine
Rosinen als Augen. Seine Jacke war ebenfalls mit drei kleinen Rosinen
versehen, vier Rosinen schienen sein Mund zu sein, in der linken Hand hielt
er eine kleine Pfeife, die aus weißen geschälten Mandeln bestand. Die drei
wollen also über Herr Glühweinsee, stellte er bei sich fest. Er sah dem
Heiligen Nikolaus in die Augen, nahm mit der linken Hand die Mandelpfeife
aus dem Mund und sagte: „Ihr wollt also in meinem großen Stollenboot
übersetzen, Heiliger Nikolaus? Ihr drei also?“ Der Heilige Nikolaus nickte.
Erneut schob der Lebkuchenmann sich seine Mandelpfeife in den Mund. Er
stieß den süßlichen, weißen Rauch aus seinem Rosinenmund und seiner hellen
Mandelnase aus und wiegte den Kopf hin und her. Das ist ja interessant
–aber... eher wohl nicht, dachte er lustlos. „Also gut“, schnaufte der
Heilige Nikolaus, ehe er einwarf: „Das junge Mädchen neben mir hat uns vor
dem Rattenkönig und seiner Armee gerettet und Schokoladien vor dem
Untergang bewahrt! Zweifelt Ihr immer noch, Bootsmann? Wir müssen noch
durch das Land des Zimt und Koriander, ehe wir in Schloss Schokoladenburg
eintreffen können. Nun, Fährmann, wollt Ihr uns immer noch die Überfahrt
verweigern? Dieses junge Mädchen mit seiner reinen Seele heißt Sabrina,
ohne sie wären Ihr und ich – ganz Schokoladien – entweder Sklaven des
Rattenkönigs, oder, was viel schlimmer wiegen würde: Weihnachten wäre für
ewig von diesem kleinen Planeten verschwunden und die Phantasie der Kinder,
ob groß, ob klein, mit dazu.“ Also gut, seufzte der Lebkuchenmann, ehe er
erwiderte: „Ihr habt mich überzeugt, Heiliger Nikolaus, steigt alle drei in
mein Stollenboot und ich setze euch über.“
Vorsichtig stieg
der Heilige Nikolaus ein. Als er mit beiden Füßen im hin und her
schaukelnden großen Stollen stand, streckte er die linke Hand aus und nahm
Sabrina an ihrer Hand und führte sie sicher in das Boot. Sabrina nahm ihre
Hand aus seiner. Nur Rudolf wollte nicht. Da gehe ich nicht hinein, dachte
sich Rudolf, auf keinen Fall. „Komm schon, Rudolf, komm schon“, rief der
Heilige Nikolaus, „wir wollen endlich los! Das ist überhaupt nicht
gefährlich für dich, darin zu stehen!“ Rudolf schüttelte den Kopf. Ein
Rentier geht in kein Boot, nein, schnaubte er leise, ehe er erwiderte:
„Lieber Heiliger Nikolaus, ich gehe in kein Boot. Dann saufen wir ab. Ein
Rentier ist das nicht gewohnt – und basta!“ Das ist also sein letztes Wort,
brummte der Heilige Nikolaus. Ruhig erwiderte er: „Lieber Rudolf, zum
letzten Mal, steige endlich in das Boot, wie willst du sonst zu Schloss
Schokoladenburg kommen, mein Lieber?“ Rudolf blickte den Heiligen Nikolaus
an. „Ähm,“ entfuhr es Rudolf, „ähm, das ist so, ähm: Ein Rentier aus dem
hohen Norden, wie meine Wenigkeit, ist es gewohnt, weite Strecken mit all
ihren Hindernissen zu durchwandern. Das ist uns Rentieren seid dem ersten
Augenblick unserer Geburt in die Wiege gelegt worden. Daher werde ich den
kürzeren Landweg nehmen.“ Der Heilige Nikolaus runzelte die faltige Stirn.
Keine gute Idee, dachte er, ehe er einwarf: „Der Landweg ist zwar der
kürzeste, aber auch beschwerlichste Weg, Rudolf. Du musst durch die Berge
der Krampusse, meiner anderen Helfer am 6. Dezember, danach musst du weiter
über die Berge bis zum Dorf der Lebkuchen und durch die Auenfurten des
Buttergebäcks. Persönlich würde ich dir davon abraten, dieses Risiko
einzugehen. Komm lieber zu Sabrina und mir in das Stollenboot!“
Rudolf sprang
endlich in das Boot, der Lebkuchenmann legte die Leinen los und ruderte sie
auf die andere Seite. Vom Boot aus konnten sie auf einem Bergkamm aus
weißer Zuckerglasur das Schloss aus Marzipan mit seinen hohen Türmen
majestätisch und erhaben vor sich aufragen sehen. Die Bäume bestanden aus
Tannen aus feinsten Marzipan. Hier sollte Sabrina das erste Mal den Walzer
der Schneeflocken sehen.
Grabungen auf Efate, Neue Hebriden, 14.Februar bis 1.Juni 1747.
Lieschen stieg die Treppe des Decks hinunter, bis
ihre Füße in dem hin und her schaukelnden Dingi festen Halt fanden, dann mal
los, murmelte sie. Sie machte Platz für John Gore, Mister Jones, Elena, Omai und
Jack. Sie stellte sich vorne an den Bug, die Augen auf die Küste gerichtet,
hinter sich hörte sie John Gore sagen: „Los Männer, legt Euch in die Riemen!“
Ohne den Kopf zu drehen, entgegnete sie mit gesenkter Stimme: „Pullt Männer!
Pullt! Gut so!“ Das Platschen der Ruder drang an ihre Ohren, niemand wechselte
auch nur ein Wort. Langsam sah Lieschen die Küste näher und näher kommen. Die
Dolphin blieb hinter ihnen zurück.
Mister Jones fühlte sich beim Rudern gut. John Gore blickte Lieschen vor sich
an, hoffentlich geht das gut? Murmelte er leise. Wir sind neu hier, kam es
Mister Jones, runzelte die Stirn, er hob den Kopf wieder. In der linken Hand
hielt Lieschen keine Muskete und sah auf den näher und näher kommenden weißen
gelben Strand. Im seichten Wasser sprang Lieschen aus den Dingi, das hellblaue
Wasser umspülte leicht ihre Knöchel, mit einen Lächeln betrat sie den hellen
weißen Strand, in der linken und rechten offenen Hand hielt sie Diamanten und
Muskatnüsse, den Eingeborenen hin, das Glitzern entlockte ihnen seltsame Laute,
die kenne ich nicht, fuhr es durch Lieschens Kopf, das sind seltsame Laute,
einer der Eingeborenen trat vor, nahm mit der linken Hand eine Muskatnuß, und
biß darauf mit seinen kaputten Zähnen herum, legte diese wieder in die rechte
offene Hand von Lieschen zurück, deutlich hörte sie John Gore sagen: „Sie kennen
so etwas nicht Lieschen, dieses Volk hier hat nie Muskatnüsse oder Diamanten
gesehen“ Lieschen sah den Eingeborenen genauer an, es war von Dunkler Hautfarbe,
klein Gewachsen, mit langem, eiförmigen Schädeln, plattem Gesicht und krausem
schwarzen Haar, niedriger Stirn, sein Körper war mit Erde bemalt, dieser Mann
war fast nackt und hielt in der linken Hand einen Speer, in der rechten
gesenkten Hand, Pfeil und Bogen, einer der Eingeborenen hob die rechte Hand und
winkte damit, er formte die rechte Hand zur Faust und zeigte mit den Daumen
hinter sich, ich soll in ihr Dorf kommen, sie drehte den Kopf zu John Gore und
begann: „Die Eingeborenen wollen uns ihr Dorf zeigen!“ Lieschen und John Gore
betraten das Dorf, kein Obst und Gemüse, murmelte sie leise, sie ging zu einer
Muschel in der Spitzen von Pfeilen lagen, die runden Hütten bestanden nur aus
einfachem Stroh, ihre Keulen und Speere wie die Bögen waren schön verziert,
einer der Eingeborenen hob beide Hände und zeigte auf Fischleber und
Pflanzensaft und zeigte mit der Hand eine Spitze und einen Pfeil, daraus also
machen sie ihre Spitzen mit Gift, stieg es in ihr auf, sie ging weiter und sah
geschärfte Muschelschalen, Messer aus Obsidian und Hämmer aus dunklem Basalt
oder mit einen großen oder kleinen geschliffenen schwarzen Lavastein. Die
Bindungen um die Hämmer waren aus Bast oder geschmeidigen Zweigen, seltsam
dieses Volk, brummte John Gore leise, sehr seltsam. Hier lebte man von der
Tarowurzel, Lieschen sah keine Hühner oder Schweine, einer der Eingeborenen
drückte aus dem Mund schwach heraus: „Tanna. Tanna. Tanna.“ Um die runden Hütten
aus Stroh und hinter ihnen, lagen die Felder mit eingegrabenen Kanälen zum
Sammeln von Wasser.
Barbarossa, Pierce, Vent, Donatin, schlugen Pfähle
aus Holz in beiden Händen den großen Hammer schwingend dumpf in den Sand, Vent
und Donatin spannten große weiße Segel über die Pfähle. Mit der linken und der
rechten Hand verteilte Jack Schaufeln und Siebe, wird sicher interessant werden,
brummte er leise, was wir finden, Orlando kniete im Sand und verknotete mit
einen Seil das Segel um den Pfahl, er so zu Barbarossa auf, dieser lächelte
unter seinen roten Bart spöttisch, der Kleine ist diese Art von Arbeit nicht
gewohnt, brummte er leise, ehe er sagte: „Ob du das Graben überhaupt schaffst,
Orlando?“ dabei schnalzte er mit der Zunge, na klar schaffe ich das, stieg es in
Orlando auf, Jack drehte gerade den Kopf zu Barbarossa und Orlando, die beiden
können sich nicht ausstehen, ich sollte besser aufpassen, die Augen nicht von
Barbarossa und Orlando nehmend, hörte er den Rotbart fort fahren „hättest besser
bei Kapitän Sabrina von Morgan Heuer nehmen sollen, du kleine kiemenlose
Makrele! Dann würdest du jetzt Perlen und Diamanten in deinen Sack und deinen
Schwanz im Arsch von Sabrina haben, kleiner Le Vasseur“ damit lächelte er erneut
spöttisch, ja, ich bin in Sabrina verliebt, mehr als das, sie ist meine große
Liebe, die Liebe meines Lebens, dieser verdammte Rotbart hat meinen wunden Punkt
in meiner Seele getroffen, peitschte es Orlando durch den Kopf, mit lauter
Stimme schrie er Barbarossa an: „Genau das ist mein wunder Punkt in meiner Seele
Rotbart; Ich liebe Sabrina unsterblich, doch leider ist sie nicht hier, damit
ich es ihr von Angesicht zu Angesicht sagen kann! Ich bin kein dreckiger Pirat
wie Ihr, Rotbart! Sabrina ist die große Liebe meines Lebens und...“ hinter sich
hörte er eine ernste Stimme sagen: „Genug jetzt! Genug! Das gilt für dich auch,
Rotbart!“ Orlando sah auf, mit beiden Armen vor der Brust stand Bernard vor ihm,
seine Augen glitzerten streng, das ist nicht mehr mit Anzuhören, brummte er
leise, mit ruhigen Ton in der Stimme fuhr er fort „wir sind hier um zu Graben,
aber wir sind nicht hier, um uns gegenseitig das Leben schwer zumachen! Du läßt
Orlando in Zukunft in ruhe Rotbart, oder du bekommst es mit mir und der Peitsche
zu tun“ das reicht jetzt, stieg es in Bernard auf, er nahm die beiden Arme von
der Brust und nickte Orlando zu. Hübsch gesagt, brummte Barbarossa, mit der
rechten Hand zog er den schwarzen Dreispitz und verbeugte sich: „Ganz wie Ihr
wollt, Bootsmann le Grand! Ganz wie Ihr wollt!“ Bernard ging an ihm vorbei zu
den Zelten, Barbarossa erhob sich wieder, setzte sich mit der rechten Hand den
Dreispitz wieder auf und ging davon.
In der linken und der rechten Hand die Schaufeln,
warfen Lieschen und Elena schwarze Erde auf, salziger Schweiß lief ihnen über
das Gesicht, nicht weit von ihnen, warfen Bernard und Orlando Erde auf Erde
aufeinander, der blaue Anzug klebte Lieschen und Elena an ihren Körper, sicher
werden wir hier etwas, murmelte Lieschen leise, selbst hier müssen die Lapita
gewesen sein, dumpf schlug ihre Schaufel an etwas, Elena hörte auf zu Schaufeln,
vielleicht ist es schon was, murmelte sie leise, mit der linken Hand stellte
Lieschen die Schaufel ab, kniete sich hin und fuhr mit der linken und der
rechten Hand darüber, ein Skelett, stieg es in ihr auf, sie fuhr mit der linken
flachen Hand über den Boden und hielt ein Stück Scherbe aus Ton in der linken
Hand, sie sah zu Elena auf: „Das scheinen Gräber der Lapita zu sein“, Elena
streckte die rechte Hand aus, mit der linken Hand gab ihr Lieschen die Scherbe
und nahm die linke Hand wieder zu sich, Gräber, murmelte Elena leise, viele
Gräber. Mit der linken und der rechten Hand grub Lieschen eine Vase aus, mit der
linken und der rechten Hand hob sie die Vase hoch und sah sie an, mit weiß waren
kleine Menschen und Gesichter darauf gemalt, außerdem sah sie kleine steinerne
Spitzen, scheinen von Speeren zu stammen, dämmerte es ihr, sie richtete die
Augen auf das Skelett zwischen dessen Rippen, Becken und knöchernen Händen noch
Erde lag, die Beine waren in einen seltsamen Winkel ausgestreckt, ebenso beide
Hände, über dem Schädel lagen links und rechts kleine bemalte Scherben,
ebenso hölzerne verzierte Armreifen aus Holz, nicht schlecht, murmelte Elena
leise, nicht schlecht, scheint eine große Grabanlage zu sein. Als Lieschen mit
der linken und der rechten Hand weiter schwarze Erde beiseite schob, sah sie ein
Skelett, dem der Kopf abgeschlagen worden war, in der Mitte des Skeletts saß ein
anderer Schädel, neben diesen lagen links und rechts zwei weitere Schädel, was
das wohl soll? Murmelte Lieschen leise, sie zog die linke und die rechte Hand
von den Skelett mit den drei Schädeln weg und stand auf. Diese drei Schädel
könnten eine Art Ritual gewesen sein? Dämmerte es Elena, vielleicht aber auch
nicht.
Mit der linken und der rechten Hand die Schaufel
haltend, gruben Bernard und Jack weiter und weiter, plötzlich hielt Bernard
inne, vor sich sah er die hölzernen Reste eines Auslegerkanu mit geschnitzten
Bug- und Heckfiguren am Doppelrumpf, mit Mattensegeln außerdem einer großen
Plattform, das große Kanu hatte eine Länge von 20 Metern. Jack stellte die
Schaufel mit der linken und der rechten Hand ab, nicht schlecht, murmelte er
leise, Lieschen hat absolut recht, brummte Bernard leise, die Lapita sind
Seefahrer gewesen, er richtete die Augen auf die von Schimmeln und Würmern
zernagten Figuren an Bug und Heck. Mit der linken flachen Hand strich sich Jack
über das Gesicht und seufzte, endlich was gefunden, murmelte er leise, ein
großes Langkanu, er stieß die Luft durch die Nase und lächelte, diese
Eingeborenen nehmen es uns nicht einmal übel, daß wir hier Graben, fuhr er leise
an sich gewandt fort. Wir werden sicher mehr finden und dann wissen wir mehr,
fuhr er leise an sich gewandt fort, dabei lächelte er, Lieschen und Elena sind
wahrlich zwei Universalgenies. Bernard lächelte, ohne Lieschen und Elena wären
wir nicht soweit gekommen, an Jack gewandt begann er: „Wir stehen hier vor einer
Kultur, die einst gesamt Poly nesos besiedelt hat, noch vor Rom, Griechenland
und Ägypten! Nur Lieschen kann sagen, wie Alt dieses Langkanu ist. Wir müssen
dieses Langkanu vorsichtig ausgraben und an Bord unseres Schiffes bringen Jack!“
Er machte eine Pause, lächelnd erwiderte Jack: „Graben wir weiter Bernard,
vielleicht finden wir noch mehr“ was ich hoffe, stieg es in Jack auf,
hoffentlich. Innerhalb von zwei Monaten legten sie 53 Gräber, sowie 111 Vasen,
Scherben und teile von Speeren oder weitere Langboote frei.
Am Morgen des 28.Mai, saßen Lieschen und Elena in ihren großen Zelt, jetzt können wir nur vermuten, wann diese Lapita hier waren und gesiedelt haben, dämmerte es Elena, wir haben 53 Gräber, sowie 111 Vasen, Scherben und teile von Speeren oder weitere Langboote gefunden und gezeichnet, Lieschen sah Elena in ihre blauen Augen, bleibt die Frage, die mich nicht los läßt, wann gesamt Poly nesos von den Lapita besiedelt worden ist, stieg es in ihr auf, ehe sie begann: „Ich glaube Elena, daß die Lapita um 2000 v.Chr. probieren die Lapita-Leute ihre Wagas und ihr seglerisches Können in melanesischen Gewässern aus. Sie erwiesen sich als ideal für die Weiterentwicklung ihrer Kanus und ihrem seglerischen Geschick durch dicht beieinander liegenden Inseln Melanesiens. Vom Archipel in Papua Neuguinea aus stießen die Lapita-Leute bis zu den Salomon Inseln und Vanuato vor. Die Lapita verbreiteten sich auf den Fidschi Inseln, vielleicht einer anderen unbekannten Insel um 1000 v. Chr. Samoa. Die Wagas segelten zwischen Polynesien und Melanesien beladen mit Menschen und Gütern hin und her. Die Lapita wurden zu den Menschen von Poly nesos.“ würde ich auch so sehen, jagte es Elena durch den Kopf, Stücke haben wir ja genug gefunden und werden sicher noch weitere finden, fuhr sie leise an sich gewandt fort, ruhig erwiderte sie: „Möglich ist alles Lieschen, diese Theorie ging mir auch schon durch den Kopf, die Vase, die Scherbe, die wir gefunden haben, können nur um 1000 v. Christus sein, sie werden von Insel zu Insel gesprungen sein und werden diese besiedelt haben. Vermutlich sind die Lapita bis zu der unbekannten Insel mit diesen Figuren aus Stein, mit denen sich keiner beschäftigt hat, vorgestoßen. Folglich wäre es möglich, daß die Lapita diese großen Figuren aus Stein gebaut haben. Ausschließen möchte ich es natürlich nicht“ mit der linken und der rechten Hand drehte Lieschen die Feder hin und her und stieß die Luft durch die Nase, auf allen Inseln, die wir bis jetzt gefunden haben, waren Überreste dieser Lapita Kultur, als die Lapita weniger wurden, könnten sie die Einwohner von Poly nesos geworden sein, fuhr sie leise an sich gewandt fort, wir müßten zu dieser unbekannten Insel mit diesen großen Figuren aus Stein segeln und dort weitersuchen. Was wir haben zeigt, das es eine großartige Kultur noch vor den Polynesiern gab, murmelte Elena leise, wir haben das auch Gefunden und gezeichnet, hoffentlich finden wir noch mehr davon.
Georg von Langendorf war schlank, besaß braunes Haar,
braune Augen er war 32 Jahre alt, er besaß eine ausgezeichnete Bildung, Georg
trug einen roten Anzug mit den kleinen, goldenen Knöpfen auf denen in klein ein
Anker und ein Tau drauf waren, links am linken Arm das goldene viereckig in
dessen Mitte drei große goldene Knöpfe mit dem eingravierten Anker und Seil
waren, ebenso auf dem rechten Arm des Anzuges, darunter eine weiße Weste aus
Seide, in deren Mitte links und rechts vier goldene Knöpfe ebenfalls mit dem
Anker und dem Seil eingraviert waren und weißer Hose aus edler feiner Seide,
diese zierten am linken und am rechten Knie vier goldene Knöpfe, und seine
Schuhen mit der goldenen Schnalle, auf dem Kopf trug er den Dreispitz mit den
goldenen eingenähten Rändern. Georg von Langendorf war Mitglied der Königlichen
Gesellschaft in London, geboren und aufgewachsen war er in Frankfurt am Main, er
hatte in Marburg gemeinsam mit seiner jüngeren Schwester Candice, die ebenfalls
mit dabei war, Ethnologie und Archäologie studiert, aber Candice spielte die
größere Rolle, er, Georg hielt sich immer zurück und überließ seiner 24 Jahren
alten Schwester das Feld. Candice war schlank, besaß langes blondes Haar, blaue
verspielte Augen und einen kleinen wohlgeformten Hintern und lange Beine, sie
hatte kleine runde Brüste. Ihr Körper zog die Männer wie ihr Hintern an, doch
sie legte auf eine Beziehung keinen sonderlich Wert, sie war 24 Jahre alt, sie
besaß eine ausgezeichnete Bildung, Candice trug einen blauen Anzug mit den
kleinen, goldenen Knöpfen auf denen in klein ein Anker und ein Tau drauf waren,
links am linken Arm das goldene viereckig in dessen Mitte drei große goldene
Knöpfe mit dem eingravierten Anker und Seil waren, ebenso auf dem rechten Arm
des Anzuges, darunter eine weiße Weste aus Seide, in deren Mitte links und
rechts vier goldene Knöpfe ebenfalls mit dem Anker und dem Seil eingraviert
waren und weißer Hose aus edler feiner Seide, diese zierten am linken und am
rechten Knie vier goldene Knöpfe, und ihren Schuhen mit der goldenen Schnalle,
auf dem Kopf trug sie ihren Dreispitz mit den goldenen eingenähten Rändern. Die
weiße Hose brachte ihren kleinen wohlgeformten Hintern sehr gut zur Geltung. Das
war die zweite Expedition von Candice, die sie als Leiterin führte. Als Leiterin
einer Expedition ging Candice mit den Leuten menschlich um, wie sie es auch von
Lieschen und Elena wußte, beide gingen auch menschlich und fürsorglich mit ihrer
Mannschaft um und packten selbst mit an, Strafen lehnten beide konsequent ab,
ebenso Candice.
Tief gebückt, knieten Lieschen, Elena und Candice,
alle drei Mädchen hatten ihre Nasen nur wenige Zentimeter vom Boden entfernt,
die Lungen der drei brannten, Lieschen hielt in der linken Hand, Elena in der
rechten Hand und Candice in der linken Hand eine Pinsel aus Kamelhaaren,
salziger Schweiß lief ihnen über die Stirn, Candice stieß die Luft durch die
Nase, was wir hier wohl finden werden? Wanderte es ihr in ihren Kopf hin und
her, Lieschen fuhr sich mit der Zunge über ihre Lippen, hier wird es sicher noch
mehr geben, was bis jetzt noch keiner weiß, murmelte sie leise, das ist Bestimmt
etwas neues für uns, dämmerte es Elena, etwas, was die Menschheit weiterbringt,
Zentimeter um Zentimeter strich sie mit dem Pinsel die Erde weg, ebenso Lieschen
und Candice, bin gespannt, was es ist, murmelte Lieschen leise. Georg wird sich
schon um die anderen Männer, die Graben kümmern, murmelte Candice leise,
schließlich bin ich die Leiterin der Expedition, sie reckte ihren Hintern etwas
in die Höhe, ebenfalls Lieschen um besser auf den Boden sehen zu können, etwas
schimmerte ihnen entgegen, der blaue Anzug von Candice war voller Sand und Erde,
das ist Unwichtig, murmelte sie leise, ich will wissen, was das da ist, mit dem
Daumen der rechten Hand als Faust fuhr sie über etwas, das scheint interessant
zu werden, murmelte sie leise, an Lieschen und Elena sich wendend begann sie:
„Wir scheinen hier wieder etwas gefunden zuhaben – was es ist – ist schwer
zusagen, mich wundert lediglich nur, daß es hier soviel von diesen Lapita gibt“
stimmt, murmelte Lieschen leise, sie stützte sich auf den linken und den rechten
Ellbogen, Elena setzte sich hin und stieß die Luft durch die Nase, hier muß ein
Dorf gewesen sein, ein Dorf, das direkt zentral am Meer lag, auch diese vielen
Gräber hier, die Vasen und dieses riesige Langboot, es kann nur eine Siedlung
gewesen sein, also müßten wir noch Reste von Häusern hier finden. Candice kniete
sich kurz hin, und sah Lieschen und Elena an, es muß hier noch mehr geben,
pochte es gegen ihre Stirn, deutlich hörte sie Elena sagen: „Das hier muß eine
Siedlung gewesen sein, die Gräber, die Vasen, das große Langboot, die Behälter
für Lebensmittel, von denen wir bis jetzt 80 Ausgegraben haben, es muß eine
wirtschaftliche Siedlung einst hier gewesen sein“ Candice zog sich ihren
dreckigen Anzug aus und hustete, ihre Lunge brannte fürchterlich, eine
zentralistische wirtschaftliche Siedlung, die irgendwann vernichtet worden ist,
durch interne oder externe Einwirkung von Gewalt
oder eines Krieges, kam es Lieschen. Eine Siedlung, die zentral und
wirtschaftlich blühte und später von innerer oder externer Einwirkung durch
Aufstände oder Krieg von außen vernichtet worden ist, wanderte es in Candice in
ihren Kopf hin und her, haben Reste von Speeren gibt es kaum, erneut hörte sie
Lieschen sagen: „Oder eine Katastrophe der Natur setzte den Lapita hier ein
Ende, möglich wäre es schon, eine große Welle ausgelöst durch Sturm vielleicht.
Oder sie hatten kaum noch genug Lebensmittel und wanderten von dieser Insel ab
oder sie verhungerten, würden sie von den Polynesiern überrannt, würden wir hier
Überreste von Schilden und Speeren gefunden haben“ Candice nickte, kniff kurz
die Augen zusammen. Hier gibt es aber keine Reste von Speeren oder Schilden, kam
es Elena, entweder sind die Lapita verhungert, oder durch eine gigantische Welle
allesamt vernichtet worden. Oder ein Vulkan, dämmerte es Candice, ehe sie
einwarf: „Oder der Ausbruch eines Vulkan, kann die Lapita vernichtet haben –
hier ist alles vulkanischen Ursprunges, Poly nesos, Mikronesien und Melanesien,
das gesamte Dreieck hier besteht aus aktiven oder erloschenen Vulkanen; alle
Strände hier bestehen aus Lavagestein. Selbst unten im Meer wird es erloschene
Vulkane geben, oder Vulkane unter Wasser, die noch ab und zu aktiv sind. Ein
Vulkanausbruch will ich nicht ausschließen“ Lieschen nickte, oder so, stieg es
in ihr auf. Wir werden es wohl nie erfahren, flüsterte Elena leise. Sind wir
hier fertig, will ich zu dieser unbekannten Insel, die Admiral Roggeveen 1722
angelaufen hat, fuhr Lieschen leise an sich gewandt fort. Deutlich hörte
Lieschen, Candice fort fahren „ich möchte danach, wenn wir alles eingepackt
haben, noch zu dieser unbekannten Insel, die 1722 von Admiral Roggeveen entdeckt
wurde. Vielleicht finden wir dort auch etwas über die Lapita, vielleicht etwas
mehr, als das, was wir hier schon Ausgegraben haben und noch werden.“
Die Tonscherben der Lapita Kultur. Vermutlich enthält
die Lapita Kultur Teile der asiatischen Südostkultur, kam es Elena, einige
Zeichnungen auf den Tonscherben weisen daraufhin. An Lieschen und Candice
gewandt, sagte sie: „Die Tonscherben, die wir gefunden haben, enthält
Zeichnungen, wie es sie im Südostkultur gibt; so sehe ich das“ mag sein, mag
sein, pochte es Candice an ihre Stirn, die linke und die rechte Hand in die
linke und die rechte Hüfte legend, erwiderte sie: „Sollten die Lapita wirklich
Teile der asiatischen Südostkultur in ihren Tonscherben gezeichnet haben – würde
das ein ganz neues Bild – auf dieses Volk werfen, Elena von Duguay-Trouin.
Folglich könnten die Lapita hat es nach der Besiedelung einer neuen Insel einen
kulturellen Austausch mit allen anderen Inseln gegeben und die unterschiedlichen
Keramik-Varianten sind sowohl lokale Ausprägungen als auch Folge des kulturellen
Wandel der gesamten Kultur über die Jahrhunderte. Nach der letzten Eiszeit vor
etwa 10.000 Jahren stieg der Meeresspiegel und die Landverbindung zwischen
Australien und Neuguinea wurde
unterbrochen. Damit ging auch die kulturelle Verbindung zwischen den Menschen
verloren und sie unterteilten sich in Aborigines
und Papua. Einige tausend Jahre später wanderten Menschen der
austronesischen Sprachfamilie nach Neuguinea und weiter nach Melanesien ein.
Diese Sprachfamilie lag im Indonesischen Archipel, umfasste aber auch Madagaskar
vor der afrikanischen Küste und eben Melanesien. Das war das
heute bekannte Verbreitungsgebiet der Lapita-Kultur einschließlich
Neuguinea im Nordwesten, Neukaledonien im Süden und Samoa im Osten. Ich bin mir
sogar ziemlich sicher, daß es so war, anders kann es nicht gewesen sein“ ich
denke genauso, murmelte Lieschen leise, das es nur so gewesen sein kann, ein
kultureller Austausch von Insel zu Insel, also nicht durch Kriege, folglich
bliebe, was die Vernichtung der Lapita angeht, entweder eine große Welle, oder
ein gigantischer Ausbruch eines Vulkans. Elena wiegte den Kopf hin und her, wer
sagt, das Candice recht hat? Flüsterte sie leise, uns wird niemand diese
Ansichten daheim glauben, ruhig erwiderte sie an Candice und Lieschen gewandt:
„Die Königliche Gesellschaft wird uns diese Ansichten nicht glauben. Ganz London
wird uns nicht glauben, daß es die Lapita je gegeben hat. Auch die Besiedlung
von Poly nesos wird uns niemand glauben“ sie hörte auf, den Kopf hin und her zu
wiegen, eben deshalb bin ich hier, um es der Königlichen Gesellschaft zu zeigen,
daß das Volk der Lapita existierte, murmelte Candice leise zu sich selbst, und
wie sie Gewandert sind, mit ihren großen Doppelrumpf Wagas, von Insel zu Insel
und kulturellen Austausch untereinander betrieben, danach muß ein Vulkan oder
eine große Welle, ihrer Kultur und ihren Siedlungen ein jähes ende gesetzt
haben, die letzten Lapita werden dann die Polynesier abgeschlachtet haben, aber
sicher bin ich mir da so nicht. Candice, Lieschen und Elena gingen zu ihren
großen Zelt, indem sie drei schliefen zurück.
Ein Eingeborener er war von Dunkler Hautfarbe, klein
Gewachsen, mit langem, eiförmigen Schädeln, plattem Gesicht und krausem
schwarzen Haar, niedriger Stirn, sein Körper war mit Erde bemalt, dieser Mann
war fast nackt und hielt in der linken Hand einen Speer, in der rechten
gesenkten Hand, Pfeil und Bogen, auf Candice und Lieschen zu, er bügte sich,
legte mit der rechten Hand Pfeil und Bogen nieder, er trat zu Candice und zog
sich mit der linken Hand einen aus gewölbter, aus Kokosnuss, gearbeiteten und
mit Kerbschnitt versehen waren, Armreif ab und schob ihn Candice über ihren
linken Arm und lächelte sie dabei an, was soll das bloß? Wanderte es in Candice
hin und her, Lieschen lächelte, das ist interessant, was er da gemacht
hat, kam es ihr, der zweite Mann kam zu ihr, zeigte mit dem Zeigefinger seiner
rechten Hand auf seinen gewölbten, fein verzierten Ring aus Kokos, nahm ihn sich
mit der linken Hand ab und schob ihn mit der rechten Hand Lieschen über ihren
linken Arm, und ließ sie wieder los, das sind wohl Geschenke, murmelte sie
leise, sie haben nichts dagegen, daß wir hier Graben, pochte es Candice gegen
die Stirn, sie pfiff durch die Zähne, bis jetzt haben sie uns nichts getan,
diese Menschen hier, fuhr sie leise an sich gewandt fort. Diese Menschen sind
nicht Kriegerisch, uns gegenüber, kam es Lieschen, die beiden Männer nickten und
trotten wieder weg, Elena sah ihnen nach, zum Glück sind sie nicht unsere Gegner
hier, hoffentlich bleibt das auch so, wir kennen auch nur diese eine Insel hier,
aber nicht ihre Größe und Breite. Als sie zu ihren Zelt kamen, richtete Georg
das Wort an seine jüngere Schwester Candice: „Candice, ich und Bernard wollen
die Insel hier, Zentimeter um Zentimeter vermessen, damit du sie mit Kapitän von
Duguay-Trouin zeichnen kannst“ Georg will also diese Insel vermessen, stieg es
in Candice auf, mit ihrer ruhigen Stimme, die Arme vor der Brust, erwiderte sie:
„Mach das Georg! Nimm dir Mister le Grand mit und vermeßt die Insel und noch
etwas; Tötet unterwegs keine Eingeborenen, das können wir nicht brauchen! In
zwei Monaten seid ihr zwei wieder hier!“ Georg nickte und lächelte, das ist
meine kleine Schwester Candice, er streckte den linken Arm aus, legte die linke
Hand flach auf die linke Schulter von Candice und erwiderte: „Mach dir um uns
keine unnötigen sorgen, kleine junge Schwester. Mister le Grand und ich passen
schon auf uns auf“ mit diesen Worten nahm er die linke flache Hand, von der
linken Schulter von Candice, nickte Lieschen und Elena zu und ging zu Bernard.
Georg kann es einfach nicht lassen, pochte es Candice gegen ihre Stirn. Georg
von Langendorf scheint ein guter Vermesser zu sein, stieg es in Lieschen auf, in
zwei Monaten werden Herr von Langendorf und Herr le Grand wieder hier bei uns
sein, fuhr sie leise an sich gewandt fort. Sind schon zwei starke Vermesser,
murmelte Elena leise, deutlich hörten sie Candice fort fahren „hat sich Georg
was in den Kopf gesetzt, Kapitän von Duguay-Trouin, gibt er solange keine Ruhe,
bis er es erreicht hat! So war und ist mein älterer Bruder immer noch“ sie
lächelte und ging in das große Zelt, Lieschen und Elena folgten ihr.
Am Morgen des 1.Mai betrat Paul Fleuriot de Langle
das große Zelt, Candice, Lieschen und Elena saßen an einen großen Tisch, jede
hielt von ihnen in der linken oder rechten Hand eine bemalte Scherbe aus Ton und
legten diese sauberen in kleine Kisten, alles von zwei Monaten, murmelte
Candice, was wohl dieser Paul Fleuriot de Langle wieder hat? Murmelte Lieschen
leise, ich kann diesen Herrn nicht ausstehen, flüsterte Elena leise. Candice hob
den Kopf und richtete ihre blauen Augen zu ihm: „Was gibt es, Herr Paul Fleuriot
de Langle?“ Paul Fleuriot räusperte sich, wir liegen hier schon ziemlich lange,
brummte er, die weiße Perücke mit der linken und der rechten Hand vom Kopf
nehmend begann er, deutlich las Candice Wut aus seinen Augen: „Ich sehe es nicht
ein, Frau von Langendorf, daß wir hier durch nutzlose Arbeit eines Maulwurfes,
irgendwelche unsinnigen Scherben aus Ton und seltsame Skelette die Ausgraben,
die nichts bringen“ Candice lächelte, diese Paul Fleuriot de Langle versteht
nichts, mit ruhiger Stimme erwiderte sie: „Was wir hier gefunden haben, Herr de
Langle, ist eine untergegangene Kultur von der keiner wußte, das sie existierte
und hier sehr verbreitet gewesen ist. Poly nesos, Mikronesien und Melaniesen
wurde von ihnen besiedelt, der Lapita, insgesamt haben wir 111 Vasen, 100 Gefäße
aus Ton und 1 großes Langboot gefunden und 53 Gräber, deshalb sind wir hier“
Paul Fleuriot schluckte, nichts als unnötiges Zeug, stieg es in ihm auf, ehe er
fort fuhr, dabei drehte er den Kopf zu Lieschen: „Ich bestehe darauf, Kapitän
von Duguay-Trouin, das ihr den Befehl zum Anker lichten gebt! Ich habe genug
Wilde schon ertragen müssen“ wir bleiben hier, raste es Lieschen durch den Kopf,
mit der linken und der rechten Hand die Tonscherben in die kleine Kiste legend,
beide Hände wieder aus der Kiste nehmend, erwiderte sie: „Tut mir leid, Herr
Paul Fleuriot de Langle! Wir bleiben hier noch einen Monat, bis wir alles
gefunden haben! Außerdem lasse ich gerade von Herr von Langendorf und Herr le
Grand die Insel vermessen und die Daten sammeln, damit Frau von Langendorf und
ich die Insel auf eine Blatt und danach in die Karte zeichnen können, so
gesehen, sind wir noch lange nicht fertig“ deutlich hörte sie Paul Fleuriot mit
den Zähnen knirschen, der Kapitän
kommt meiner Forderung nicht nach, stieg es in ihm auf, diese Frau von
Langendorf ebenso wenig, das war wohl alles, stieg es in Candice auf, mit ihrer
ruhigen Stimme antwortete sie: „Wenn das alles war, Herr Paul Fleuriot de
Langle, bitte ich Sie das Zelt zu verlassen, wir drei haben noch sehr viel zu
tun!“ erneut hörte sie Paul Fleuriot mit den Zähnen knirschen, wütend preßte er
hervor „eines Tages werden sie beide, Frau von Langendorf und Sie, Kapitän von
Duguay-Trouin, das bitter Bereuen, das verspreche ich Ihnen“ mit diesen Worten
drehte er sich um und ging aus dem großen Zelt hinaus, hinter sich hörte er
Candice spöttisch sagen: „Was für ein aufgeblasener Narr, dieser Adlige ist“ sie
schüttelte den Kopf und hörte mit dem Schütteln auf.
Ab dem 3.Mai fielen große und kleine Regentropfen,
diese wurden dichter und dichter. Alle weißen Zelte waren von oben bis unten
durchweicht, Wasser tropfte ihnen auf die Köpfe und auf die Betten und Tische
und in die Gläser, der Boden in den Zelten wie draußen, wurde schwarzer Matsch
und klebte an den Spitzen der Schuhe, Dunkler und Dunkler wurde der Himmel. Alle
gefundenen Gegenstände, die 111 Vasen, die 100 Gefäße aus Ton und das 1 Langboot
waren gut verpackt, die Stellen waren von Candice, Lieschen, Elena, Jack und
Mister Jones mit großen alten Segeln bedeckt worden, dichter und
undurchdringlicher wurde der starke Regen, deutlich hörten sie die Tropfen auf
das Zeltdach rieseln, Tropf, Tropf, Tropf. Im Zelt, in der rechten Hand die
Liste der Lebensmittel, las Lieschen über die Zahlen, 700 Tonnen Proviant,
Sauerkraut, Zitronen, Orangen, Gelee aus Karotten, geröstetes Getreide um
frisches Brot jeden Tag zu backen, Essiggemüse, Zitronensaft, Malz,- Hopfen,-
und Extrakt aus Nadeln von Fichten, Fleischbrühe verpackt in Tafeln, frisches
Mehl, im Bauch der Dolphin lagen
schwarze Steinkohlen, Schafs- und Wolfsfelle, außerdem viele große Fässer mit
konservierten frischen Fleisch, das reicht alles noch, murmelte sie leise. Immer
noch prasselte der Regen in großen und kleinen Tropfen durch das schwarze, nasse
Segel, das Buch in der linken Hand, die Feder in der rechten Hand, knirschte die
Spitze der Feder über das leere Blatt, Candice saß Lieschen im Stuhl gegenüber
und schrieb Zeile auf Zeile, das wird mir die Königliche Gesellschaft nicht
glauben, daß wir die Lapita hier gefunden und ausgegraben haben, wenn dieser
verdammte Regen nicht wäre, wären wir jetzt weiter, rauschte es wie das Meer
durch ihren Kopf, wir haben aber einen Großteil, aber nicht alles geschafft,
fuhr sie leise an sich gewandt fort, aber Ausruhen muß auch sein, wir wissen
jetzt, was wir wissen wollen, sie hielt mit dem Schreiben, die rechte Hand hielt
die Feder inne und sah Lieschen an, ehe sie sagte: „Die Lapita könnten Raubbau
an ihren natürlichen Ressourcen, der zur Störung des ökologischen
Gleichgewichtes auf der Insel geführt betrieben haben. Dadurch könnten die
Lapita auch von der Erde verschwunden sein. Möglich wäre es schon“ Lieschen ließ
die rechte Hand die Liste der Lebensmittel sinken und stieß die Luft durch die
Nase, wir werden es wohl nie erfahren, kam es ihr, wir haben schon genug
gefunden, an Candice gewandt sagte sie: „Das ist nicht auszuschließen; Ich
glaube, die Lapita wurden durch ihren Raubbau an der Natur ausgelöscht –
vermutlich das Volk auf der unbekannten Insel auch. Wir können uns nur auf das
Stützen, was wir hier ausgegraben und gesammelt haben, es ist reichlich für die
Königliche Gesellschaft, einen Monat bleiben wir noch hier vor Anker, in der
Hoffnung, daß dieser verdammte Regen eines Tages aufhört. Es könnten viele
Faktoren gewesen sein, die, die Lapita endgültig vernichtet haben“ sie lehnte
sich in den harten Stuhl zurück und sah an die nasse Decke des Zeltdaches, es
hängt davon ab, was wir noch finden, fuhr Lieschen leise an sich gewandt fort.
Candice seufzte leise, wir werden es wohl nie erfahren, was die Lapita
vernichtet hat, hämmerte es an ihre Stirn.
Am Morgen des 28.Mai regnete es immer noch in großen und in kleinen Tropfen. Elena saß auf ihren Bett und sah dem Regen draußen zu, ein leichter Wind rüttelte an dem aufgespannten Segel, dieses flatterte hin und her und knackte, jetzt sitzen wir im Regen fest, murmelte sie leise, auch das noch, mit dem Buch unter dem linken angelehnten Arm, trat Candice zu ihr und lächelte, jetzt habe ich alles Niedergeschrieben, was wir wissen, stieg es in ihr auf, ruhig sagte sie zu Elena: „Ich habe jetzt alles präzise für die Königliche Gesellschaft aufgeschrieben, was wir hier ausgegraben haben, Elena von Duguay-Trouin, sollte der Regen aufhören, sollten wir weiter graben, bis wir die Antwort auf den Untergang der Lapita gefunden haben“ mit der rechten Hand strich sich Elena eine blonde Strähne ihres Haares aus dem Gesicht, ließ die rechte Hand sinken, das würde zulange dauern, murmelte sie, mit ihrer ruhigen Stimme warf sie ein: „Das würde viel zulange Dauern, Frau von Langendorf, sicher, Ihr seid die Leiterin dieser Fahrt, wir müßten noch ein halbes Jahr hier liegen, hinsichtlich der Nordwest Passage, die meine Schwester und ich suchen, wäre ein verlängerter Aufenthalt nicht dienlich“ sie machte eine Pause, stimmt, darum geht es ja eigentlich, um die Nordwestliche Durchfahrt, dämmerte es Candice, ich hätte daran denken müssen, sie schluckte, deutlich hörte sie Elena fort fahren „je eher wir hier die Anker lichten, desto besser für uns, Frau von Langendorf, wir können hier nicht länger bleiben“ Candice nickte, wenigstens haben wir etwas gefunden und das ist nicht wenig, was die Lapita betrifft, wanderte es in ihren Kopf und hin und her, wenigstens wissen wir, daß die Lapita als erste Poly nesos, Mikronesien und Melanesien, als erste Besiedelt haben, später sind sie Untergegangen, an Elena gewandt erwiderte sie: „Wenigstens haben wir etwas gefunden und nicht wenig, was die Besiedlung von Poly nesos, Mikronesien und Melanesien betrifft; Ich will nur noch zur unbekannten Insel, danach wenden wir uns unseren eigentlichen Auftrag zu, Elena von Duguay-Trouin, diese Nordwestliche Durchfahrt zu finden, oder zu widerlegen. Gebe Gott, das wir diese Nordwestliche Durchfahrt auch finden und gebe Gott, das wir alle Gesund nach London zurückkehren“ Candice nickte Elena zu und ging in den anderen Teil des Zeltes. Am 31.Mai kehrten Georg und Bernard mit den Daten ihrer Vermessung der Insel zurück, noch am selben Abend wurden die Zelte abgebaut, die gesamten Gegenstände, die man gefunden hatte in den Bauch der Dolphin verladen. Am Morgen des 1.Juni rasselten die Anker krachend hoch und sie richteten Bug mit dem Klüverbaum Richtung der unbekannten Insel.
Deutlich hörte er Estella erwidern: „Das Leben ist wie Teig, immer in Bewegung, das ist das Leben auch, immer in Bewegung. Das sich eine Minute, eine Stunde, ein Tag, ein Jahr oder tausend Jahre in Bewegung ist, das aber eines Tages still stehen wird. Ihr Großen fresst die Kleinen, das sind die Inder und andere Kolonien um sich deren Kraft zur Bewegung einzuverleiben, wer Glück hat, kriegt am meisten davon. Sie lassen andere ihre dreckige Arbeit tun, Sie haben in weichen Betten ihre Nächte verbracht, Sie haben immer angesehene Kleider getragen, und gutes Essen serviert bekommen! Nicht Sie haben diese Betten, diese Kleider, dieses Essen geschaffen, andere haben das für Sie getan, nicht Sie. Sie haben nie etwas im Angesicht ihres Schweißes getan. Ganz einfach, Sie leben von den Vermögen, das Ihnen ihr Vater hinterlassen hat – Sie gleichen dem Fregattvogel, der dem kleinen Tölpel den Fisch aus dem Schnabel entreißt um ihn selbst zu fressen und den kleinen Tölpel, der sich mit Mühe diesen Fisch gefangen hat, wieder jagen zu lassen“ sie machte eine kurze Pause und sah ihn an, das ist etwas, das er nicht gern hört, stieg es in ihr auf, schnell fuhr sie fort „Sie zählen zu jenen, da Unterscheidet ihr euch nicht von den Franzosen, die sich zu Herrn gegenüber Anderen aufwerfen, Sie essen deren Nahrung, die andere gemacht haben, aber auch gern selber essen möchten, Sie tragen warme Kleidung, andere haben diese für Sie gemacht, die frieren in Lumpen und bitten Sie, ihnen Arbeit und etwas Geld zu geben! Fressen sich die Großen aber, wird der Sieger noch größer und brutaler sein“ John legte die Stirn in Falten, das ist der Mechanismus der Ostindien Kompanien, das hat sie schon erkannt, kreisten seine Gedanken hin und her, ehe er sagte: „Ich will diesen System der Großen entfliehen Kapitän, ich möchte wer sein, ich habe den britischen Offizier hinter mir gelassen, ich bin ein Bruder der Küste geworden! Ich möchte aber nicht zu den Fregattenvögeln gehören sondern zu den Tölpeln zählen, die sich die Fische mühevoll fangen müssen, um zu Überleben! Ich bin kein Fregattenvogel, der dem Tölpel seinen Fisch wegschnappt!“ Estella stieß die Luft durch die Nase, er hat schon gelernt, auf eigenen Füßen zustehen und auf ihnen zulaufen, jetzt kapiert er endlich, was Leben bedeutet und was Leben heißt, murmelte sie leise, sie nahm den linken und den rechten Arm hinter den Kopf hervor: Sie stehen jetzt auf eigenen Beinen und laufen schon ein wenig auf ihnen Herr O`Dell! Auf Tortuga müssen Sie sich selbst ernähren, ihr Bett, ihre Kleidung, ihr essen selber, ohne fremde Hilfe machen, da hilft ihnen keiner! Sie müssen das Tag für Tag machen, häufen Sie ein kleines Vermögen an und Sie können davon leben. Werden Sie zum kleinen Tölpel, suchen Sie sich ihre Fische selbst, ernähren Sie sich selbst! Finden Sie Fische, die groß genug für Sie sind und von denen sie leben können; Sie gehören nicht mehr zu denen, die, die Kleinen wegen ihrer Kraft um sich weiter zu bewegen können, fressen. Wir Brüder der Küste fressen nicht die Kleinen oder die Großen, um stärker zu werden, wir halten uns so in Bewegung, wie die Qualle, die Qualle bleibt immer in Bewegung, um zu leben, der Hai und der Wal tun das auch, ebenso der Oktopus, weil Bewegung Leben ist! Wir leben vom heute und denken noch nicht an morgen, wir sind mit unseren Leben Todeskandidaten auf Urlaub, reißt uns keine Kugel aus dem Leben, gehen wir mit unseren Schiff in einen Sturm unter. So machen die Meisten von uns eines Tages Hochzeit mit des Seilers Tochter, deswegen bleiben wir in stetiger Bewegung, um nicht Hochzeit mit des Seilers Tochter machen zu müssen!“
Ich stehe auf eigenen Füßen, dank Estella stehe ich auf eigenen Füßen, dämmerte
es John langsam, er lächelte, Bügte sich, nahm mit der linken Hand als Faust den
Hölzernen gebogenen Griff der Pütz, erhob sich wieder, ehe er erwiderte: „Würden
alle Reichen so etwas in ihren leben erfahren, wie ich Kapitän von Duguay-Trouin,
wäre das eine Evolution und keine Revolution! Auf das Vermögen meines Vaters oder
meinen Ranges kann ich verzichten. In meiner Jugend hat man mir das Elend nie gezeigt,
man hat alles Elend von mir fern gehalten, lieber möchte als Bruder der Küste im
Elend leben und im Elend sterben, bis es soweit ist, möchte ich mich in Bewegung
halten um zu Leben und um zu Überleben. Ob ich morgen noch leben werde, weiß ich
nicht, es liegt in Gottes Hand, wann er einen Sturm schickt und mich als Sand oder
Staubkorn weg wehen wird, ich weiß nicht, was morgen ist, ob ich nicht wie der Tölpel
noch einen Fisch unter Wasser fangen kann, der groß genug ist, dass ich mich von
ihm ernähren und leben kann. Lieber trage ich alte Lumpen, als gute rote Anzüge
die Andere, aber nicht ich mit meinen Händen gemacht habe. Lieber schlafe ich in
Hängematten als in Betten, die Andere für mich gemacht haben und lieber selbst darin
schlafen möchten. Lieber in einen Schiff wohnen und die weite Welt, wie die weiten
sieben Meere sehen, als ein geerbtes Haus finanziell zu unterhalten oder zu vermieten,
von dem man nichts hat sondern lediglich der Mieter. Ich habe vergessen wer ich
bin und was ich vorher war. Es ist aus meinem Bewusstsein verschwunden. Ich trauere
dem nicht nach. Kapitän von Duguay-Trouin: das Schiff ist zu meinen Haus geworden,
Sie beide und die Männer zu meiner Schwestern und Brüder. Ich bin wie Sie beide
und die Männer hier zum Tölpel geworden. Ernähren wir uns von den großen Fischen
auf unseren Chassepartie um in Bewegung zu bleiben. All das habe ich bei ihnen beiden
Kapitänen gelernt. Ich bin froh darüber, wirklich froh, dass ich mein Leben doch
noch ändern konnte. Er nickte Beiden zu, und ging auf die Türe zu, drehte sich noch
einmal um und sah Estella und Gregory an. Jetzt weiß ich, wer ich bin, stieg es
in ihm auf, er drehte den Kopf von beiden weg und ging durch die Türe hinaus.
Als John auf dem Gang stand, hielt er inne. Deswegen führt Preußen und König Friedrich der II. diesen Krieg um Schlesien. Preußen will Schlesien fressen, um noch größer zu werden. Der Krieg hält Preußen in Bewegung, damit es sich Schlesien einverleiben konnte. Natürlich, deshalb kämpfen wir Briten gegen Frankreich, um uns seine Kolonien zu holen. Damit wir noch Größer werden und wie Preußen in Bewegung bleiben. Wir fressen also die Franzosen, um stärker und mächtiger zu werden. das also ist der Zweck und Sinn dieses Krieges, Estella hat das Glasklar erkannt und mir und Gregory offen gesagt, das also steht dahinter, langsam ging er weiter durch den Gang der Kajüte, über sich hörte er das Laufen und Stampfen von Füßen, er betrat die Treppe, die zum Deck führte, er öffnete mit der rechten Hand die Klinke der großen Türe, frischer salziger Wind wehte ihm ins Gesicht, das ist Leben, ich bin ein Tölpel geworden, seufzte er leise, er schloss die Türe normal hinter sich, ging zur Steuerbord Reling, hob mit der linken und der rechten Hand die Pütz in die Höhe, davor hatte er nassen Lappen an Deck geworfen und goss das dreckige Wasser in das blaue Meer vor ihm, senkte den linken und den rechten Arm und stellte die leere Pütz dumpf auf den Boden. Eben kam Bernard zu ihm, er hat sich gemacht, dieser feine Herr hat sich gemacht, murmelte er leise, er legte beide Arme vor die Brust, deutlich hörte er John sagen: „Teilst du die Ansicht von Kapitän von Duguay-Trouin, das wir in Bewegung bleiben müssen? Was ich an Kapitän Estella von Duguay-Trouin so bewundere ist, dass sie wie ihre jüngere ermordete Schwester Elena Gewalt ablehnt! Selbst hier an Bord gab es nur dreimal Moses Gesetz, wie früher bei Elena von Duguay-Trouin. Jeder von euch steht auf eigenen Füßen und lebt gleich dem Tölpel, der nach großen Fischen sucht, um sich davon zu ernähren. Bernard hob die linke Augenbraun, das Stimmt in etwa, was John sagt, kreisten die Gedanken in seinen Kopf, ehe er erwiderte: „Wir, sind immer in Bewegung, wie der Kapitän sagt, wir sind wie der Tölpel immer in Bewegung, um einen großen Fisch zum Leben und Überleben zu fangen. Alles machen wir mit unseren eigenen Händen, in Estellas schlanken anmutigen Körper wohnt eine unbesiegbare Kraft und ein sehr gutes Herz, was Milde und Gnade angeht, aber sie wird nie ihrer ermordeten jüngeren Schwester Elena das Wasser reichen können; Elena war mehr als Gerecht, Milde, Gnade, kein unnützes Blutvergießen, Schonung der Bevölkerung der Städte oder der Offiziere bis hin zum einfachen Soldaten, Beute in Millionenzahlen, kluge Taktik und Strategie, Großherzigkeit, all das waren ihre Stärke ihre unbeschreibliche Schönheit, die Elena besaß, deswegen auch weil sie in ihren kurzen Leben als Glück auf ihren Chassepartien hatte, liefen ihr die Männer zu. Estella ist wunderschön, auch sie kennt Milde und Gnade und lehnt wie Elena Moses Gesetz an Bord oder Gewalt beim Ausspülen ab, ihre Strategien sind gut, aber nicht so Unübertrefflich wie einst die von Elena. Was ihre Ansicht über das Leben angeht, teilt jeder hier von uns die Ansicht von Estella! Du kannst wirklich Froh sein, unter ihr zu Segeln“ er machte eine kurze Pause und ließ die linke Augenbraun wieder sinken, das bin ich, stieg es in John auf, das bin ich, schnell ergänzte Bernard „Estella war es, die Kalkutta, Pondicherry, Madras und Mahè erobert hat, jede Stadt mit einer anderen Strategie, die sie von Elena übernommen hat! Sie war es, die, die Handels- und Kriegsschiffe der Französischen- Ostindien Kompanien in den Häfen erledigt hat! Nach dieser erfolgreichen Chassepartie, wollen sich Estella und Gregory auf Tortuga zur Ruhe setzten, was ich ihnen auch sehr Wünsche! Für ihre Verdienste aber, steht ihnen der Titel Gouverneur und Admiral in einen zu. Ein Titel, der einst Elena verliehen werden sollte, den sie aber Ablehnte, ihre Mörder haben das nie Verstanden John, deswegen musste sie auch sterben, ihr gewaltsamer Tod setzte der freien Republik Tortuga im März 1759 ein jähes Ende, bis heute ist keiner von uns, selbst Estella und Gregory über diesen Verlust hinweg gekommen. Ich war dabei, als Elena die Nordwest Passage und das Nordland fand, ich war dabei, als sie Rio de Janeiro nahm, das ist Jahre her, aber hier fühle ich mich genauso wohl“ mit diesen Worten ging er weiter, deutlich hörte er rufen: „Jack! Oliver! Pierce! Gait das Oberbramsegel und Refft den Vorderklüver!“
Pierce und Alexander trugen jeder unter den linken und den rechten Arm aus der
Back die zusammengerollten Hängematten, Rene band diese mit der linken und der rechten
Hand zusammen, tauchte diese als lange weiße Kette ins Wasser, , Rene hielt kurz
inne, Landgang, stieg es in ihm auf, mit der linken und der rechten Hand als Faust
zog er die nassen Hängematten aus dem ruhigen Wasser, er wandte sich an Pierce neben
sich: „Paar Männer sollen in die Wanten hieven und die nassen Hängematten an den
Rahen zum Trocknen aufhängen, wie wir es schon unter Elena gewohnt
waren“ der Angesprochene lächelte, „ohne Estella wäre das Schiff
und wir nicht exzellent sauber“ erwiderte er, Rene sah ihn kurz an, das ist Estella
auch, dank ihr haben wir noch genug Vitamin C an Bord, auch das hat Estella von
Elena übernommen, fuhr er leise an sich gewandt fort, beide Schwestern haben soviel
Gemeinsam, kreiste es durch seinen Kopf, sehr viel sogar. Deutlich hörte er Pierce
erwidern: „Wir haben das Nordland und das letzte Gold der Inka mit einen Millionenwert
gefunden, keiner von uns war auf Estella böse, was die schlechte Beute von San Julian
betraf, im Gegenteil, das Gold hat uns das Vergessen gemacht! Beide, Estella und
Gregory, aber vor allem Estella, haben den Titel Gouverneur und Admiral der Britischen
Krone mehr als verdient! Das ist auch Gerecht, diesen verdienten Titel unser ermordeten
Elena zu geben!“
Im Laderaum unter dem Orlopdeck, dieser wurde schwach von einer an der Decke
hängenden Reihen kleiner grauen Eisenlaternen mit einer Kerze, diese zügelten mit
ihren orange roten Schein hin und her, stießen klappernd dumpf aneinander, in der
zweiten eisernen Laterne brannte die Kerze nur noch schwach, in der vierten Laterne
war eine schon erloschen, hier unten stank es nach verfaulten und nassen Holz, wieder
schlugen die kleinen Laternen klappernd und klirrend aneinander, dumpf hörte man
das Platsch. Platsch. Platsch des Wassers an die Hölzerne Außenwand schlagen, stand
Jack mit der Liste in der rechten Hand vor sich vor vielen Fässern, er strengte
die Augen an und las 100 Tonnen Sauerkraut, 100 Tonnen Malz, 200 Tonnen Marmelade,
300 Fässer eingezuckerter Orangen und 300 Fässer gezuckerter Zitronensaft, 100 Säcke
Rosinen, 400 Fässer eingedickte Fleischbrühe, 400 Kisten gedörrtes Obst, 100 Leiber
getrocknetes Schweinefleisch, 300 Fässer Weizen und Hafergrütze, 200 Säcke Rosinen,
er sah von der Liste auf und verglich was vor ihm lag, stimmt genau, dämmerte es
ihm, er Lächelte schräg, es ist zwar viel Aufgebraucht worden, aber bis Tortuga
reicht es schon noch, Estella wird zufrieden sein“ über sich hörte er das dumpfe
Knarren und quietschen der Hölzernen Decke, wie des Bodens unter ihm. Rum, Bier
und Zitronensaft sind noch zur Genüge vorhanden. In der rechten Hand den Stift als
Faust umschlossen, machte Jack auf das Knisternde gelbe Papier einem erneuten Haken.
Er lächelte, besser als nichts, und wir kommen Gesund nach Tortuga zurück mit vollen
Laderaum. Inka Gold im Wert von Neunzig Millionen Piaster, inklusive noch Waren.
Aber unter Elena hatten wir mehr, viel mehr in den Taschen, vor allen Rio de Janeiro
brachte uns 100 Millionen Piaster. bloß die Ware der Schiffe, er pfiff durch die
kaputten gelben Zähne. Beißender Dampf stieg ihm in die Nase, Orlando und Thomas
Paul Tew schwefeln wieder mal das Orlop aus, ist auch gut so, kreisten die Gedanken
durch seinen Kopf.
Beißender weißer Rauch stieg Jack, als er das Orlop betrat entgegen, er unterdrückte
ein Husten, Schwefel, wenigstens hält das, das Deck sauber, murmelte er leise. Er
sah Orlando Le Vasseur in der rechten gesenkten Hand als Faust einen Eimer tragen,
mit der linken Hand offen griff er in den Eimer hinein und warf links und rechts
Schwefel hin. Das wird dieses verdammte Ungeziefer kalt machen, raunte Orlando leise
zu sich, er drehte den Kopf Jack zu, dieser hob die linke Hand, das seine Ringe
klirrten, unter dem rechten angezogenen Arm hielt er die Proviantliste: „Du räucherst
wieder mal hier herum“ begann er, dabei die linke Hand langsam sinken lassend, der
Angesprochene ging er weiter und warf mit der linken Hand wieder den Schwefel nach
links und rechts. Jack ging ihm nach, würde noch Elena noch leben, murmelte er leise,
deutlich hörte er Orlando vor sich erwidern: „Soviel sind für Elena gefallen, das
waren wir ihr schuldig, ihr Tod ist gerächt, das wollten wir alle. Unsere besten
Kapitäne gibt es nicht mehr: Elena und Sabrina. Elena war aber von allen die Größte
und Mildeste mein Freund“ er machte eine Pause und seufzte leise, an Elena hängt
noch jeder von uns, was wir mit ihr erlebt haben, dank ihr ist die Französisch-
Ostindien Gesellschaft in sich zusammen gefallen, wir haben eine Expedition in zwei
Anläufen zum Nordland unternommen. Elena hat bewiesen, das es den großen Südkontinent
nicht gibt und dann, dabei lächelte er, der Schlag gegen Rio de Janeiro, seine Gedanken
kreisten nur darum, dann sagte er „seid Elena und Sabrina Tod sind ist nichts mehr
so, wie es vor zehn Jahren einmal war, uns ist die Zeit davon gelaufen Orlando!
Leider! Estella ist der letzte Kapitän aus dieser jungen Generation, setzt sie sich
zur Ruhe, in England mit Gregory, was ich auch Glaube, stirbt unser Dasein in der
Karibik und Indien aus“ der Angesprochene drehte ihm den Kopf zu, vermutlich, Thomas
Paul Tew blickte Jack ins Gesicht, mit der rechten gesenkten Hand als Faust einen
Eimer tragen, mit der linken Hand offen griff er in den Eimer hinein und warf links
und rechts Schwefel hin, das Mag wohl zu sein, dämmerte es ihm, ehe er erwiderte:
„Du hast Recht, mit dem was du sagst Jack alter Junge. Ich habe damals mit eigenen
Augen gesehen, Oliver auch, wie unsere Sabrina von den Franzosen feig von der Mars
angeschossen und tödlich verletzt wurde, sie starb noch am selben Tag, obwohl wir
die Schlacht gewonnen haben, gegen die Franzosen, sie war die Erste, die aus ihren
jungen Leben gerissen wurden. Später war es bei euch Elena, die von den eigenen
Leuten feige ermordet wurde – jetzt ist Estella die letzte, dieser jungen Generation“
Jack hob die rechte Augenbraun „ich werde nicht zulassen, dass sich Estella und
Gregory zur Ruhe in England setzten! Wer kämpft dann weiter gegen die Franzosen,
wenn sie es nicht mehr macht?“ dabei ließ er die rechte Augenbraun wieder sinken,
keiner wird das mehr, stieg es Thomas Paul auf, er wandte sich an Jack, mit gesenkter
Stimme erwiderte er: „Keiner wird das mehr, vielleicht werden die Inder selbst zu
dem, was wir sind und bauen auf dem auf, was Elena, Sabrina und Estella ihnen hinterlassen
haben: Den Weg in die Freiheit und Unabhängigkeit, das haben unsere großen drei
Kapitäne geschafft, den Indern den Weg zu bereiten, etwas daraus zu machen, auf
das sie eines Tages mit Recht stolz sein können! Elena hat die Karibik befreit,
und Rio de Janeiro, ihr Stern wird immer Leuchten – Sabrina hat Indien den Weg mit
ihren Siegen über Kalkutta, Mahè, Madras und Pondicherry ermöglicht! Sabrina hat
den Grundstein gelegt und Estella hat nach ihren frühen Tod darauf aufgebaut, das
wird für ewig bleiben Brüder. Was diese drei großen Kapitäne durch Mut, Milde, Großherzigkeit
und Entdeckungen uns hinterlassen haben. Orlando und Jack nickten, Thomas Paul hat
recht, dämmerte es in Orlando auf. Jack seufzte ehe er fort fuhr „lasst uns unsere
Arbeit zu Ende machen, es ist eh unsere letzte Chassepartie. Damit drehte er sich
um und ging die große Treppe hoch, die zum Oberdeck führte.
Am Morgen des 14.Januar betrat John O`Dell das große Deck. Deutlich sah er Estella auf der Brücke stehen. Ich sollte sie auf früher, stieg es in ihm auf. Er ging über das Deck. Vorbei an den Masten und dann die große Treppe mit der reich verzierten Balustrade hinauf und blieb bei ihr stehen. Sie muss es wissen, das wir uns früher her kennen, kreiste es in seinen Kopf hin und her. „Kapitän, wir kennen uns von früher und...“. Das mag sein, stieg es in Estella auf, das mag sein, sie drehte ihm den Kopf zu: „Es ist gut“ erwiderte sie, vielleicht geht es ihr nicht gut, stieg es in John auf. er fuhr sich mit der offenen linken Hand über das Gesicht und ließ diese sinken „Sie haben Elena und mir damals das Segeln beigebracht Kapitän, verstehen Sie“ Estella drehte ihm den Kopf zu, das mag gewesen sein, ich weiß es nicht mehr, aber unsere Unterhaltung vor zwei Tagen, war doch interessant, kreiste es in ihren Kopf ehe sie erwiderte „wie Sie wissen, habe ich Ihnen doch gesagt, das dass Leben ein Gärstoff ist, der in Bewegung ist. Das die Großen die Kleinen fressen, um sich deren Kraft zu eigen zumachen. Dass Bewegung leben ist, das dass Leben eines Tages stillstehen wird, wenn die Bewegung aufhört. Sie wissen, was Kraft ist, um zu Überleben; der Stärkere wird die Schwächeren fressen um weiter zu gedeihen um Unrecht zu begehen, es gibt weder Unsterblichkeit noch Gott, es gibt beide nicht, viele sagen das, das es so etwas gibt, aber gebe es Gott, warum lässt er uns dann Leiden? Frage ich mich immer! So Leute wie Sie glauben das – klar, können sie, das ist ihr gutes Recht, an so etwas, das nicht Real ist zu glauben. Der Mensch ist aus Materie und Staub gemacht, der Körper, die Seele, das Denken. Der Mensch hat sich selbst im Verlauf der Evolution entwickelt. er wurde nicht von Gott geschaffen oder erschaffen, der Mensch stand eines Tages auf der Erde von der er geformt wurde und nicht von Gott, von den die Pfaffen von der Kanzel singen, Pah, Prediger, die sich an etwas Klammern, was sie nicht verstehen, das der Mensch Erde ist die kommt und vergeht“ John sah ihr in ihre grünen Augen, er kniff wegen der hellen Sonne die Augen zusammen, das ist nicht das, was ich denke, stieg es in ihm auf, deutlich hörte Estella nachsetzten „fiele heute einer der Männer von der Rahe, würde sein Gehirn wie eine Nussschale zerspringen, ich hätte viele, die ihn Ersetzten, um ihn wäre es nicht im geringsten Schade, ein Staubkorn weniger, wozu um ihn trauern? Der Mensch stirbt irgendwann, egal ob er von der Rah oder im Bett stirbt, ich habe genug Männer an Bord, die ihn ersetzten würden! Für ihn wäre das sinnlose Leben vorbei – er würde eingenäht und über Bord geworfen werden – wer trauert um ein Stück Erde in dieser großen Welt? Keiner, weder Sie noch ich. Wer trauert um Sie oder mich, wenn wir Tod sind? Ich will es ihnen sagen: Keiner! Von daher kann ich mit meinen wertlosen Leben machen was ich will! Ich könnte die Kleinen und Schwachen fressen um mir deren Kraft zu holen wozu? Um Stärker und Kräftiger zu werden? So etwas mache ich nicht, so Leute wie Sie eher um Ruhm und Ehre zu erlangen, je mehr sie fressen, desto besser, so Leute wie Sie es sind, schieben die Religion als Rechtfertigung vor, um die Schwachen und Kleinen legal vernichten zu können um noch stärker zu werden, es reicht ihnen nicht, je mehr sie fressen, desto stärker werden Sie eines Tages – das ist grenzenlose Macht, ein Gefühl, das Sie noch mehr brauchen, mehr um zu bestehen, die Macht zu festigen und zu halten! Ihnen ist es egal, wie viel dabei draufgehen und krepieren damit so einer wie Sie sich als Sieger bezeichnen kann, Leute wie Sie verstehen nicht, was die Worte Milde, Gnade, Großherzigkeit bedeuten! Vergessen Sie ihren Gott und dessen Sohn und Ansichten! Denken Sie immer daran, Sie sind nur ein Staubkorn, das seine Zeit zu Leben hat, mehr aber auch nicht“ mit diesen Worten drehte Estella den Kopf wieder zum großen Deck „so muss es wohl sein Kapitän, vielleicht haben Sie recht, mit dem, was Sie sagen“ erwiderte John knapp, ich muss sie an früher erinnern, aber wie? Vielleicht denkt Estella dann anders, stieg es in ihm auf, er drehte sich um und ging die große Treppe zum Deck hinunter.
Zurück Startseite